Ich befürchte, dass die Schweiz in der nächsten Zeit versucht sein wird, die “Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen” in nationales Recht umzusetzen. Für die Schweiz und ihre kleinstrukturierte Softwareindustrie würde dies erhebliche Nachteile bescheren.
Ich arbeite als Projektleiter und Softwareentwickler in einer Softwarefirma mit etwa siebzig Angestellten. Wir wickeln Projekte zwischen etwa Fr. 50’000 und Fr. 500’000 ab. Wenn wir hier noch ein paar Prozent für einen Patentanwalt ausgeben müssen, wird schnell klar, dass der Markt für die Softwareindustrie härter wird.
Warum eigentlich? Man könnte ja annehmen, dass wir selber auch von Patenten profitieren würden? Dem ist leider nicht so, denn es gibt einen erheblichen Unterschied zwischen dem Entwickeln von Software und anderen Tätigkeiten. Bei Software dreht es sich fast immer um das Lösen von Problemen. Hier ist Ideenreichtum und Kreativität gefragt. Jede Software besteht aus tausenden von kleinen Problemen, von der Tastatureingabe bis zur Bildschirmdarstellung. Und jede davon ist mit einer Idee und etwas Programmierarbeit gelöst worden.
Für Programmierer ergeben sich fast alle Ideen, auf “naheliegende Weise aus dem Stand der Technik” und sind somit keine patentfähigen Erfindungen. Und doch gelingt es den verschiedensten Unternehmen und Einzelpersonen im Ausland immer wieder die trivialsten Dinge zu patentieren – das Verlinken von Dokumenten, das automatische Bestellen mithilfe eines Warenkorbes, das Runterladen von Musikstücken.
Bei den Ideen in der Softwareindustrie handelt es sich eben nicht um pharmazeutische Produkte deren Forschung, Zulassung und Marketing Millionen kosten. Hier geht es um die tausend kleinen Ideen, die zum Programmieralltag gehören. Oft wird versucht, hier mit der “Technik” zu argumentieren. Nur die Ideen, welche die Lösung eines “technischen” Problems seien, seien patentfähig. Allerdings hat sich im Ausland gezeigt, dass auch die Reduktion einer Anzahl Mausklicks schon als Lösung eines “technischen” Problems gelten.
Weitere Informationen gibt es hierzu auf Englisch und auf Französisch auf der Website des Fördervereins für eine Freie Informationelle Infrastruktur e.V. (FFII):
http://swpat.ffii.org/papers/eubsa-swpat0202/tech/
Beim Programmieren sind tausende von Ideen nötig. Wenn nur einige davon geschützt werden, hat die Branche ein Problem. Wie soll sichergestellt werden, dass keine Patente verletzt werden? Wer verhandelt über wechselseitige Lizenzierung der Patente (sog. Cross-Licensing) um Lizenzgebühren zu vermeiden? Wer geht den Patentverletzungen nach? All das will bezahlt werden. Der Softwareindustrie wird so nur Rechtsunsicherheit und Mehrkosten aufgebrummt.
Ich kann ihnen hierzu eine Publikation der Deutschen Bank empfehlen. Schon alleine auf der ersten Seite finden Sie den wichtigsten Punkt:
Das gilt für die Schweiz ebenso wie für Deutschland oder Europa. Auf den Seiten sechs und sieben finden Sie dann mehr Information.
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Siehe auch: Aktion gegen Softwarepatente in der Schweiz