Es ist spät, ich sollte ins Bett!
Ich lese gerade, wie @thopan die OSR Fibel von Matthew J. Finch rezipiert. Die fand ich ja ganz früher mal OK. Wie ich wohl heute dazu stehe?
Vor Kurzem geriet ich an eine Poolgruppe, die sehr oldschoolig spielt – mit allem, was dazugehört, inklusive der Regeln Hellebarden & Helme (PDF-Download) von Alex Schroeder. Ich arbeite mich gerade in die Thematik ein und notiere mal mit, was ich zunächst theoretisch lerne. – Ich spiele also jetzt oldschooliges Rollenspiel
Ich spiele also jetzt oldschooliges Rollenspiel
Hm, meine eigenen Reaktionen…
Im Old-School-Rollenspiel trifft der Spielleiter die meiste Zeit Entscheidungen (Rulings), ohne sich auf festgelegte Regeln zu beziehen (Not Rules). – OSR Fibel
Ich sehe das nicht so klar. Eigentlich hätte ich ja gerne eine Regel, aber ich habe keine Lust sie in fetten Büchern zu finden. Deswegen habe ich das Bild einer mündlichen Tradition vor mir: Wir wissen, dass die Regeln im Buch nie alles abdecken können, was uns begegnet, also finden wir eine gute Regelung am Tisch, wenn es darauf ankommt. Wichtig ist allerdings, dass wir uns auch vornehmen, diese Regelung wie eine Regel beizubehalten, wenn eine ähnliche Situation wieder auftaucht. Es ist wichtig für das Gefühl einer realen, anderen Welt, dass gleiche Situationen gleich behandelt werden. Klar, es wäre genau so fair, wenn wir es gemeinsam am Tisch jedesmal neu verhandeln würden, aber es wäre auch langweilig, und es wäre eben auch weniger immersiv.
Umgekehrt möchte ich Regelungen, die nie wieder zur Anwendung kommen, auch nicht als Ballast mit mir herum schleppen. Wenn wir eine Regelung vergessen haben, dann war sie nicht so wichtig. Schön! Die Sammlung darf gerne auch wieder schrumpfen.
Das meine ich mit einer mündlichen Tradition: Wir verwenden die Regeln, wenn wir uns daran erinnern; wir vergessen die Regeln, die wir nicht mehr verwenden. Das Regelwerk ist im Fluss.
Leider kommt nun der Moment, wo ich den Spagat wage: Das Regelwerk ist im Fluss, und trotzdem habe ich gerne ein Dokument, auf das ich mich beziehen kann. Das führt dann dazu, dass ich Regelungen, die mir wichtig erscheinen, in ein PDF Dokument schreibe: Meine Sammlung an Hausregeln. Und weil ich das Schreiben und Layouten und Illustrieren auch einen lustigen Teil des Hobbies finde, habe ich natürlich inzwischen ein eigenes Regelwerk: Hellebarde & Helme. Das ist nicht in Stein gegossen, sondern ich ändere auch immer wieder etwas davon ab, streiche auch ab und zu Passagen, die nie zur Anwendung kommen.
Ich denke, so sollten alle Spielgruppen langsam „ihr“ System entwickeln. Man startet nicht bei Null sondern mit einem bestehenden Regelwerk, dann schaut man aber nur selten etwas nach: Nach einer Weile fügt man hinzu, was man am Tisch neu geregelt hat und behalten will, und streicht, was man nie verwendet hat und vergessen will.
Die Spieler können jede Aktion beschreiben, ohne auf ihrem Charakterbogen nachsehen zu müssen, ob sie es überhaupt tun „können“.
Das sehe ich auch so: Wenig Sachen auf dem Charakterbogen, kaum Fertigkeiten, das gefällt mir. Ich hasse das Gefühl, wenn ich eine Fertigkeit auf dem Bogen sehe, die mein Charakter nicht hat. Keiner kann Reiten? Das ist nur so, weil es die Fertigkeit auf dem Bogen gibt und sie keiner hat. Würde Reiten auf dem Bogen fehlen, könnte jeder reiten.
Wenn man jederzeit beschreiben kann, was man tut, ist man als Spieleiter ja ständig gefordert, diese Beschreibungen zu beurteilen. Das schöne ist, dass wir dies nach Bedarf ausführlicher oder kürzer machen können. Einmal frage ich nach: „Wie müssen wir uns das vorstellen? Was sagst du genau?“ Ein anderes Mal ist es nicht so spannend und ich kann die Sache abkürzen: „OK, alles klar, das gelingt, musst du gar nicht weiter ausführen.“ Die ganze Bandbreite des menschlichen Lebens fliesst hier ein: Haben wir andere Dinge vor? Ist die Beschreibung langweilig? Geht’s hier um viel oder wenig? Wie ist die Stimmung? Die Flexibilität erlaubt es uns hier schneller oder langsamer vorwärts zu machen.
An dieser Stelle noch kurz der Hinweis, dass sich dies meiner Meinung nach nicht mit Prozeduren beisst, den Prozeduren sollte die Spielleitung verwenden, um die Ereignisse und den Dialog am Tisch zu strukturieren. Das heisst, wir würfeln, ob eine Seite überrascht ist, wir würfeln um die Initiative, ich würfel für Zufallsbegegnungen – diese Vorgehensweisen stehen nicht auf dem Charakterbogen und können durch das Spiel umgestossen werden: Wer den Hinterhalt legt, ist nicht überrascht; wer überrascht ist, würfelt nicht für Initiative; wer im Gasthof übernachtet, muss keine Zufallsbegegnungen fürchten.
Es gibt keine Entdecken-Probe, um versteckte Fallen und Hebel zu bemerken
Nun, ich verwende einen sechs-seitigen Würfel für „Glück haben“ und sage oft: „Wenn du eine 1 würfelst, dann reden wir weiter.“ Ich habe etwa ein dutzend Modifikatoren für diese Tabelle: Dieben gelingen ihre Taten bei 1–2, oder ab der dritten Stufe mit 1–3; Elfen entdecken Geheimtüren mit 1–2; Halblinge verstecken sich im Freien sogar mit 1–5, und so weiter. Das sind in dem Sinne keine Fertigkeiten, weil sie nicht individuell sind: alle Elfen, alle Diebe, alle Halblinge haben den genau gleich hohen Wert.
Das System funktioniert gut, wenn es darum geht, herauszufinden, ob jemand Glück hat. Wir brauchen ein zufälliges Resultat, möglicherweise gewichtet. Eine 1 auf dem W6 ist ein guter Anfang, um die Ereignisse voranzutreiben und die Spielleitung vor Entscheidungen zu schützen. Entscheidungen brauchen Zeit und Energie, und danach ist man ja auch dafür verantwortlich. Deswegen ist es oft besser, die Chance anzukündigen, die Spielerinnen und Spieler zu fragen, ob sie mit ihren Chancen einverstanden sind und sie dann würfeln zu lassen. Wenn sich Spielerinnen und Spieler selber dazu entscheiden, wird ist die Spielleitung nicht direkt „schuld“ am etwaigen Misserfolg.
keine Bluffen-Probe, um einen misstrauischen Wachmann zu narren oder Motiv-erkennen-Probe, um herauszufinden, ob jemanden deinen Charakter betrügt
Da bin ich wieder ganz bei der Fibel: Es gibt zwar den Reaktionswurf, der mir die Entscheidung abnimmt, ob das Gegenüber einer Begegnung friedfertig und freundlich oder aggressiv und fordernd ist, und Spielercharaktere haben einen dazu passenden Charismabonus, aber wenn die Spieler wissen wollen, ob ihr Gegenüber lügt, so sage ich: „Das musst du anhand meines ausgezeichneten Mienenspiels und meiner viel gelobten Ausdrucksweise selber herausfinden…“ Dann lachen wir alle, aber Tatsache bleibt, dass Spieler dies aufgrund ihrer Interaktionen am Tisch mit der Spielleitung erreichen müssen. Vielleicht füge ich dann noch an: „Er wirkt schon nicht besonders glaubwürdig, ehrlicherweise.“ Oder vielleicht subtiler: „Es könnte sein, dass er einen Hintergedanken hat, aber er wirkt, wie wenn er im Moment unbedingt eine Abmachung mit euch treffen will.“ Dann können die Spielerinnen und Spieler anderweitig versuchen, mehr heraus zu finden.
Beim Bluffen genau gleich. Wir können und wollen uns nicht Prügeln oder am Bücherregal herumklettern, um herauszufinden, ob wir gut Kämpfen oder Klettern können, aber meiner Meinung nach spricht nichts dagegen, am Tisch (oder in der Konferenzschaltung) zu bluffen, zu schwindeln, zu taktieren, und so weiter. Ich würde sagen: “Das Abenteuerrollenspiel ist ein Spiel, wo Leute miteinander in strukturierter Form miteinander reden und mit Zufallsgeneratoren die Geschichte auf eine Art abändern, die keiner am Tisch zwingend so hat sehen kommen.” Wir wollen alles mit Reden oder Würfeln lösen, sollten aber aufpassen, dass wir nicht alles nur noch mit Würfeln lösen. Mir wird es sonst zu Brettspiel-artig.
Rollenspiel ist Teil des Spiels, aber es ist kein Bündnis mit deinem Charakter zum Selbstmord.
Sehe ich auch so. Manchmal sage ich das auch explizit. Beispielsweise beschreibe ich ein langes, ausgemergeltes, grünes Wesen, mit Augen schwarz wie die Nacht, und einem bestialischen Geruch, und dann sagt ein Spieler: „Mein Charakter hat natürlich noch nie einen Troll gesehen…“ Quatsch, die Charaktere sind zur Unterhaltung der Spielerinnen und Spieler da! Behaupte einfach, dass deine Oma dir schon in Kindesjahren erzählt hat… Spielerinnen und Spieler sollen sehr wohl von ihrer Erfahrung profitieren können.
Auf der ersten Stufe sind Abenteurer kaum kompetenter als ein normaler Mensch. Sie überleben durch ihre Ideen.
Einverstanden. Es ist zwar nicht so, dass meine Spielerinnen und Spieler besonders viele, originelle Ideen hätten. Ich denke, da wird viel übertrieben und geträumt, oder es handelt sich dann um total überdrehte Spiele, und das mag ich ja eigentlich gar nicht. Was ich viel mehr betone, sind die Entscheidungen: Will man hier weiter vordringen? Will man sich zurück ziehen? Wagen wir den Kampf gegen die Orks? Können wir ihre Schätze erhalten, ohne zu kämpfen? Lassen wir die Berserker am Leben? Diese Entscheidungen kann man auch als „normaler Mensch“ fällen. Hierzu ist nicht nötig, dass man Superhelden spielt.
Es bietet keine „Spielwelt“, die irgendwie immer Herausforderungen bereithält, die genau zur Stufe der Abenteurergruppe passen. Die Abenteurergruppe hat kein „Recht“ darauf, nur Monstern zu begegnen, die sie auch besiegen kann, oder nur Fallen zu finden, die sie entschärfen kann.
Ist bei mir auch sehr ähnlich. Ich versuche vorher zu kommunizieren, wo es gefährlich ist: Je tiefer man in den Dungeon steigt, je weiter weg man in die Wildnis zieht, um so gefährlich kann es werden. So muss die Spielleitung die Schwierigkeit nicht bestimmen, sondern Spielerinnen und Spieler bestimmen diese selber, in dem sie ihre Charaktere hier hin oder dort hin schicken. Jetzt muss man das halt noch gut beschreiben, oder Warnzeichen bringen: “Hier hat es einen Berg von sicher fünfzig Toten, alle verkohlt…” Wenn das keine Warnung ist!
Sie haben kein „Recht“ darauf, eine beliebige Regel aus dem Buch anzuwenden und kein „Recht“, in jeder Situation nach einem Würfelwurf verlangen zu können.
Hier bin ich eigentlich nicht so recht einverstanden. Falls wir eine Regel (im PDF) oder Regelung (im Kopf) haben, die wir eigentlich anwenden würden, dann dürfen Spielerinnen und Spieler mich gerne daran erinnern, falls ich das vergessen habe. „Moralcheck‽“ Ja genau, vielleicht habe ich das vergessen. „Hat meine Elfe nichts gesehen?“ Stimmt, Elfen haben eine Chance, Geheimtüren automatisch zu entdecken.
Anders liegt die Sache bei klaren Konsequenzen: Wer in die Lava fällt ist tot – kein Rettungswurf. Wer vom Ghul gelähmt und fortgezerrt wird, ist gefressen. Vielleicht gibt es da schon eine Diskussion, immerhin geht es um den Charakter. So eine Diskussion würde ich starten mit einer Zusammenfassung der Ausgangslage: „Letzte Runde wurde Ishio vom Ghul gelähmt, und diese Runde habt ihr die Initiative verloren, der Ghul zieht Ishio in den dunklen Gang dahinter, ein anderer Ghul versperrt euch den Weg. Wenn ihr in dieser Runde einen der beiden Ghule im Gang niederschlagt, und noch Aktionen übrig habt, könnt ihr ihn erreichen und in einen Kampf verwickeln. Wenn nicht, wird der Ghul ihn nächste Runde töten und sein Herz fressen, sobald er dran ist. Wie seht ihr das?“ Wenn die Spielerinnen und Spieler sich beklagen wollen, fair. Wenn sie einen Gegenvorschlag haben, der auch spannend ist, vielleicht… „Über den Köpfen der Ghule hat es doch noch Platz, nicht wahr? Und Hiba der Halbling ist ziemlich klein, und mit dem *Ring des Fliegens* könnte er also an den beiden Ghulen vorne vorbeisegeln?“ OK, mit dem Ring könnte es gehen.
Zu den Tipps für Spielerinnen und Spieler:
Verlass dich nicht darauf, dass die Monster in einem Raum bleiben. Sie könnten versuchen, dir über die Korridore in die Flanke zu fallen. Verabrede Treffpunkte, wohin sich die Abenteurergruppe zurückziehen kann, um eine bessere Verteidigungsposition einzunehmen.
Einverstanden.
Spähe die Gegend vorsichtig aus und versuche, wandelnde Monster zu vermeiden, die keine großen Schätze bei sich tragen. Du bist in einem Dungeon, um wertvolle Schatzhorte zu finden. Jedes Monster zu töten, schwächt dich und die Gruppe, bevor du die „reichen Monster“ findest.
Stimmt.
Gehe nicht davon aus, dass du jedes Monster besiegen kannst, dem du begegnest.
Ja.
Zeichne eine Karte, selbst wenn es nur ein Flussdiagramm ist. Wenn du dich verirrst, gerätst du in große Schwierigkeiten – gerade in einem Dungeon, in dem regelmäßig auf wandelnde Monster gewürfelt wird.
Hm, naja. Eigentlich will ich so leiten, dass das Kartenzeichnen optional ist. Bis jetzt hat immer jemand eine Karte gezeichnet, deswegen hat sich die Frage noch nie gestellt. Für mich selber habe ich mir allerdings aufgeschrieben: Die Spielleitung zeichnet keine Karten und deckt auch keine Karten auf. Kartenzeichnen bleibt den Spielern überlassen. Die Gruppe wird sich nicht verlaufen, nur weil keine Karte gezeichnet wird: Von der Spielleitung lässt sich immer erfahren, ob wir hier schon mal waren, welcher Weg zurück führt, und so weiter. Und wenn Leute wegen magischer Furcht in Panik durch den Dungeon fliehen, dann wird ja sowieso nicht gezeichnet, insofern soll dies kein Nachteil sein.
Stelle viele Fragen über das, was du siehst. Schau auch nach oben. Frag nach ungewöhnlichen Steinarbeiten. Überprüfe den Boden, bevor du auf ihn trittst.
Gleichzeitig soll das Spiel ja auch nicht dröge werden. Als Spielleitung versuche ich, Sicherheit und Gefahr in meinen Beschreibung mitzuliefern. Das tönt irgendwie intelligent, aber ich betreibe da nur minimalen Aufwand. Wenn Spielerinnen und Spieler zum zweiten oder dritten Mal den Boden abklopfen wollen, dann werde ich sie darauf hinweisen, dass der Boden hier genau so aussieht wie überall und wir nicht weiter darüber reden müssen. Wenn ich dann aber auf der Karte sehe, dass es mitten im Gang eine unmotivierte Fallgrube gibt, zögere ich. „Ihr blickt nach Süden. Der Gang ist lang und verliert sich im Dunkeln. Es hört sich an, wie wenn es noch lange so weiter geht.“ Damit will ich anzeigen: Hier ist es unheimlich und nicht so wie vorher, obwohl ich ja gar nichts tolles beschreibe – wichtig ist, dass ich etwas betone, was ich vorher nicht betont habe. Bis jetzt hat das gut funktioniert und die Spielerinnen und Spieler haben die Falle im langen Gang auch tatsächlich gefunden. Ich vermute, der Zwerg hat mit dem W6 eine 1–2 gewürfelt, und so „versteckte bauliche Massnahmen“ entdeckt: einen dünnen Spalt im Boden.
Schütze den Magier. Er ist eure stärkste Waffe.
Naja… Alle Mitspielercharaktere werden hoffentlich geschützt!
Werbe Kanonenfutter an. Lass das Kanonenfutter nicht auf Idee kommen, dass es dich einfach ausrauben kann.
Ich bin sehr für das Spielen einer Entourage. Charisma wird wieder wichtiger, Ersatzcharaktere sind schon dabei, und sie haben schon Erfahrungspunkte. Es ist mir wichtig, dass Ersatzcharaktere schon Erfahrungspunkte haben, wenn der Hauptcharakter ersetzt werden muss, da neue Charaktere das Spiel immer mit Stufe 1 und null Erfahrungspunkte betreten. Ausserdem kann man mit gezähmten Tieren und befreundeten Monstern als Gefolgsleuten auch jede Menge andere Bedürfnisse von Spielerinnen und Spielern bedienen. Eine super Sache! Deswegen mag ich die Bezeichnung „Kanonenfutter“ (engl. Meatshields) nicht mehr so. Wer seine Gefolgsleute wie Kanonenfutter behandelt, verdient es, ausgeraubt zu werden…
Speere reichen normalerweise über die erste Reihe der Kämpfer hinweg, also funktioniert eine Phalanx aus Gefolgsleuten.
Ja klar. Ausserdem gilt bei mir auch immer, dass man mit Fernkampfwaffen auch in den Nahkampf schiessen kann. Die Runde ist eine Minute lang… Irgendwann mal hatte ich mir das so vor gestellt: Der Gang ist 10 Fuss breit; mit Kurzschwertern bewaffnet können in der vordersten Reihe vier Leute kämpfen; in der Reihe dahinter mit Speeren und Stangenwaffen nochmal vier Leute; und dann in der dritten Reihe meinetwegen die Bogenschützen und Schleuderer, die auf eine Lücke warten und dann schiessen. Warum nicht? Und so können zwölf Leute mit kämpfen. Das heisst im Normalfall fange ich erst an zu zählen und zu überlegen, wenn mehr als zwölf Charaktere in der Gruppe sind.
Erkundige dich bei dem ergrauten Einarmigen in der Taverne, bevor du aufbrichst. Er könnte sich plötzlich an weitere Details über das Gebiet erinnert haben.
Klar, nach Gerüchten und Informationen zu gewissen Themen fragen hilft immer. Ich will mir Mühe geben, und hier gute Antworten finden. Leider sind die Vorgegebenen Gerüchte von Stonehell eher langweilig, weil man nicht konkret darauf reagieren kann. Gerüchte sind in diesem Sinne keine Missionen, leider. Will ich aber noch ändern!
Bei den Tipps für Spielleiter tue ich mich schwerer.
Dein Job ist es nicht, dir die Regeln korrekt zu merken und anzuwenden, stattdessen triffst du Ad-hoc-Entscheidungen und beschreibst anschaulich. Es ist deine Aufgabe, Fragen zu beantworten (manche von ihnen werden dich kalt erwischen) und den Spielern viele, viele Entscheidungsmöglichkeiten zu bieten. Du bist das Regelwerk, und es gibt kein anderes. … Nicht die Regeln führen die Spieler, sondern du. Konzentriere dich darauf, dass die Situationen Spaß machen, nicht darauf, dass sie korrekt ablaufen.
Einverstanden bin ich mit dem Fragen beantworten und dem Improvisationsbedarf. Das macht mir Spass, denn so bleibt das Spiel ja auch für mich spannend. „Du bist das Regelwerk“ tönt schon ein wenig seltsam. Idealerweise entscheiden wir uns ja gemeinsam für neue Hausregeln oder für das Verwerfen alter Regeln. Klar ist es schön, wenn meine Sichtweise der Dinge aalglatt durchgeht, aber ich denke, wenn es Widersprüche zu vorherigen Regelungen gibt, sollte man das schon ansprechen. War das absichtlich? So eisern will ich das ja nicht handhaben.
Die Aufforderung, dafür zu sorgen, dass die Situation Spass macht, ist auch etwas dubios. Klar haben wir alle gerne Spass. Aber ich bin nicht Alleinunterhalter und bespasse die Spielerinnen und Spieler nicht. Spass entsteht am Tisch aus einer mir nicht ganz klaren Mischung von Ursachen und ich weigere mich, hierfür die Verantwortung zu übernehmen.
Der Hinweis darauf, Situationen um des Spasses willen besser nicht „korrekt“ ablaufen zu lassen, verstehe ich auch nicht. Regeln unbesprochen unter den Tisch fallen zu lassen oder nur selektiv anzuwenden, ist das nicht schummeln?
Ich halte es da mehr mit dem PESA FAQ. Der Schreibstil ist etwas gewöhnungsbedürftig, den Inhalt unterzeichne ich aber gerne mit:
ARS steht für Abenteuerrollenspiel. Es unterscheidet sich vom Erzählspiel dadurch, dass neben Handlung, Personnagenidentifikation und atmosphärischer Kampagne der Nervenkitzel entscheidend zum Spielspaß beiträgt. Dies wird erreicht durch unmanipulierten Gebrauch des Zufallsgenerators Würfel und durch taktischen Umgang der Spielerschaft mit den vorhandenen Regeln zum Zwecke der Beherrschung des Unbeherrschbaren – des Zufalls. Daraus ergibt sich, dass auch einfache Kämpfe unvorhersehbare Wendungen nehmen, im Abenteuer nicht beschriebene Handlung entsteht und Kampagnenentwicklungen nicht immer planbar sind. Folglich kann man Abenteuer erleben statt einfach nachzuspielen, man kann gewinnen und verlieren. Es geht um Herausforderungen, und um den strategischen Umgang mit Risiko und mit Ressourcen. Das Überleben einer Personnage oder gar das Bestehen des Abenteuers ist nicht gesichert, die verdienten Erfolgsgefühle stellen sich dann aber um so größer ein. – Das neue FAQ – Im Wandel der PESA
Das neue FAQ – Im Wandel der PESA
Hoffentlich führt der korrekte Ablauf des Spiels zum Spass. Falls nicht, muss an den Regeln geschraubt werden. Die Regeln willkürlich ausser Kraft zu setzten ist für mich auf alle Fälle keine Lösung. Im Witz habe ich auch schon gesagt: Lieber sterben meine Charaktere unter einer strengen Spielleitung als dass sie nur dank der Gnade einer wohlwollenden Spielleitung überleben.
Das führt dann gleich zur Frage der Heldenhaftigkeit. Wer mit gezinkten Karten spielt, hat den Sieg ja nicht ehrenvoll errungen sondern sich eben erschlichen und kann doch dann kein Held sein? Ein Held zu sein heisst eben, das Leben auf’s Spiel zu setzen für die gute Tat.
Wenn du die Wahl zwischen einem ordentlichen, vorhersehbaren, fair ausgeführten Kampf hast oder einem chaotischen Kampf, bei dem Schwerter splittern, Menschen stürzen, sich jemand nach einem Schlag in den Magen übergibt, ein Helm hinwegfliegt, sich jemand in einem Vorhang verheddert oder ähnliche Situationen außerhalb der formalen Regeln ... wähle das Chaos.
So laufen die Kämpfe bei mir leider nicht ab. Wer beim Angriff eine 1 würfelt, wird nicht automatisch zum Tolpatsch, der sich in die Bredouille reitet. Ich halte es vielmehr so: Kämpfe sind per se langweiliges runterwürfeln, also bringen wir es so schnell wie möglich hinter uns. Deswegen gebe ich mir keine Mühe, Manöver im Kampf zu fördern. Ich finde die Entscheidungen vor dem Kampf wichtiger: Sollen wir? Sollen wir nicht? Reden wir mit ihnen? Fliehen wir? Im Kampf werden dann Konsequenzen für diese Entscheide generiert. Insbesondere die fürchterliche 2W6 Tabelle, die zum tragen kommt, wenn man auf null Trefferpunkte gefallen ist: hier kann sterben, Gliedmassen verlieren, und andere üble Dinge mehr.
Die Spannung im Spiel entsteht irgendwie durch eine Art Wette, die Spielerinnen und Spieler machen. Wetten, dass wir noch einen Schatz finden? Wetten, dass uns auf dem Rückweg nichts passiert? Wer knapp kalkuliert, hat oft einen Vorteil, und dann, ab und zu, einen dramatischen Nachteil. Dieses Glücksspiel, welches man durch strategische Überlegungen beeinflussen kann, ist für mich die Quelle der Spannung, und nichts ist schlimmer als wenn man feststellt, dass man voller Hochmut und Blödsinn sich zu weit vorgewagt hat, und nun um die sichere Heimkehr bangen muss.
Was ist nun mit den Beispielen, die Finch erwähnt? Was würde ich da sagen? Gute Frage.
versuchen, zwischen den Feinden durch zu rutschen
Vielleicht wenn ein Halbling gegen Riesen kämpft, warum nicht? Oder vielleicht gelingt es nur mit ⅙ Chance? Vielleicht würde ich aber auch genauer nachfragen: „Wie stellst du dir das genau vor? Stürmst du vor, schlitterst in ihre Mitte, stehst auf, und stichst auf den Chef?“ Vielleicht würde ich dann sagen: „Bedenke, dass sich einer der Leibgarden dir in den Weg stellen wird, um den Schlag auf sich zu nehmen!“ Wenn der Spieler aber sagt: „Ich spiele einen Halbling, und die haben traditionell einen +2 Bonus auf die Rüstungsklasse gegen Riesen, aber das ist eben nicht nur alles, wir haben auch coole Halblingmanöver gegen Trolle!“ Vielleicht bin ich dann einverstanden. Wir werden sehen!
an einem Kronleuchter zu schwingen, um einen entfernten Gegner anzugreifen
Warum nicht…
einen Gegner verhöhnen, damit er in eine Falle rennt
Klar!
Die Beispiele mit dem Patzer im Angriff hatten wir schon besprochen: Das gibt es bei mir nicht. Den kritischen Treffer gibt es bei mir auch, doch der macht einfach maximalen Schaden und sonst nichts.
In Wahrheit werden die Spieler versuchen, kleine Kämpfe zu umgehen, wenn keine großen Schätze gewonnen werden können.
So wünsche ich es mir, das ist die interessante, strategische Überlegung vor dem Kampf: Wollen wir überhaupt kämpfen?
Old-School-Rollenspiel hat eine wichtige Komponente, die oftmals „Ressourcenmanagement“ genannt wird. Zauber werden verbraucht, man verliert Trefferpunkte, Fackeln werden verbraucht und Essensrationen verzehrt.
Teils, teils. Zauber verbrauchen ja, Trefferpunkte verlieren (und nicht heilen!) ja, Fackeln verbrauchen – meistens kein Problem, weil wir pro Spielabend ja nur 1h 45 min spielen. Entsprechend ist der Fackel-, Öl- und Essensrationenverbrauch auch minimal: Nach jedem Abenteuer, welches nicht länger als ein paar Stunden im Spiel dauert, sind wir ja wieder im Start Dorf. Deswegen streiche ich mir ein paar Stunden Öl ab, wenn die Spielleitung was sagt, und sonst vergesse ich es gerne. Und wenn ich Spielleitung mache, dann vergesse ich es gerne. War nicht so wichtig. Öl als brennendes Öl, und Fackeln, die wir hinterher werfen, das ist sowieso viel wichtiger. 😅
In den Beispielen, um Spielerinnen und Spieler zu motivieren, riskante Entscheidungen zu fällen, hat es zwei Beispiele, wo mit Zeitdruck gearbeitet wird. Eines davon ist dieses hier:
Ein Gefangener könnte getötet werden, und die Kidnapper haben eine Frist gesetzt.
Generell versuche ich, Zeitdruck zu vermeiden. Wenn im Spiel irgendwo Zeitdruck entsteht, dann nur, wenn schon klar ist, dass die Spielerinnen und Spieler versuchen, eine gewisse Mission zu lösen. Ansonsten haben wir das Problem, dass die Spielleitung den Spielerinnen und Spielern mit dem Zeitdruck eine gewisse Mission aufdrückt: Sieben Sachen stehen zur Auswahl aber bei Punkt 5 ist zu beachten, dass die Geisel möglicherweise umgebracht wird, wenn ihr nicht endlich diese Mission löst… das ist hart und nimmt den Spielern die Entscheidung ab, da die Alternative lautet: Bin ich ein hartherziger und feiger Charakter oder stürze ich mich todesmutig in das Abenteuer, welches mir die Spielleitung gerade schmackhaft machen will? Fies.
Finch sieht das ja eigentlich auch so:
Die Spieler sollten grundsätzlich die Wahl haben, wohin sie gehen und in was für Abenteuer sie geraten wollen
Vielleicht ist das natürlich mein Problem, dass ich die Geiseln nie sterben lassen will. 😁
Links:
2022-05-13 Die fürchterliche 2W6 Tabelle
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