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Time-stamp: <2023-01-28 22:35>
Die c't schreibt im Editorial in ihrer Ausgabe 4/2023:
Sinnvoller [als jede Kommune selbst digitale Angebote entwickeln zu lassen] wäre es, einheitliche Aufgaben stärker zu zentralisieren. Dafür müsste man nicht den Föderalismus über Bord werfen. Es muss nicht alles beim Bund liegen, schon Länderdienste wären besser als das Chaos in den Kommunen.
Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie das ablaufen würde.
Erst mal gibt es eine Ausschreibung für das Projekt »Monolith $griechischerGott Phi-Alpha Bayern 2100«, das so heißt, weil die verantwortlichen Politologen alle auf dem humanistischen Gymnasium waren. An der Ausschreibung nehmen teil: Fujitsu-Siemens, Accenture, Infosys und T-Systems, die einzigen Unternehmen, die die Ressourcen haben, einen 870-seitigen RfP in 11-Punkt-Calibri in drei Wochen zu beantworten.
Das Projekt würde eigentlich eine Billion Euro kosten, aber da bei Ausschreibungen der günstigste Anbieter gewinnt, der schamlos die meisten Fragen mit »selbstverständlich« beantwortet hat (»Blockchain? Aber gerne! Chatbot? Sowieso! Und ganz viel KI!«), wird für 300 Milliarden angeboten. Der Zuschlag wird für 240 Milliarden erteilt, denn die Controlling-Abteilung des Landes muss ihre Sinnhaftigkeit durch Feilschen nachweisen. Go-Live ist in 6 Monaten.
T-Infujitsure lässt in Indien und Haiti implementieren, die Kosten für den RfP müssen ja wieder reinkommen. Auf dem Weg um den halben Erdball gehen 40% der eh nur 60-prozentigen Spezifikation durch Sprachbarrieren und übereifrige Virenscanner verloren.
Nach fünf Monaten stellt sich heraus, dass der Teufel in den fehlenden Teilen der Spezifikation steckt. Das Projekt kostet jetzt 2 Billionen und dauert fünf Jahre. Das Land zahlt zähneknirschend, das Geld kommt aus dem IT-Budget für Schulen und Verwaltungen, dem Stromnetzbudget und dem sozialen Wohnungsbau, denn Monolith hat ja irgendwie was mit Bauen zu tun.
Im Jahr Projektstart + 6 drückt der Fortschrittsminister der CSU frohlockend auf den Boot-the-Monolith-Button. In ganz Südbayern gehen die Lichter aus. Als nach drei Tagen die Stromversorgung wiederhergestellt ist, stellt man fest, dass im Dunklen ein 10-Jahres-Vertrag für Monolith 2106 unterschrieben wurde. Auf Basis von Microsoft SharePoint.
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✍ Wolfgang Mederle CC BY-SA 4.0
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language: de
date: 2023-01-28
tags: politik, it, glosse