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Aus Gründen der Navigation sind alle Quellenangaben und Fußnoten unter ihren jeweiligen Abschnitten verortet.
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Dr. Josef Settele und andere Forscher sowie Verbände wie der NABU und der BUND treten nicht nur für den erhalt eines bestimmten Wiesentyps ein, sondern das so gut wie exklusiv. Settele et al. fordern in "Schmetterlinge in Deutschland – Die Tagfalter Deutschlands" (2015), neben der Wiederaufnahme der Kahlschlagpraxis im Forstbetrieb für Arten wie den Schlüsselblumen-Würfelfalter, die Erhaltung von "Magerwiesen" mittels "extensiver Beweidung" und "Mahd". In der Einführung wird (leider quellenlos) behauptet, dass sowohl die Intensivierung der Landwirtschaft, als auch die Nutzungsaufgabe traditionell bewirtschafter Flächen zum Artenschwund beitragen.
Nach knapp zweieinhalb Jahren, in welchen ich (eher grobe und von Feyerabends "anything goes" geprägte Wissenschaftsanschauung) kleine Feldstudien und Beobachtungen durchführe, kann ich inzwischen weder diese Ad-hoc-Forderungen, noch das im deutschem Sprachraum verwendete Klassifizierungssystem für Biotope nachvollziehen, speziell seitdem ich über ein sehr unglückliches Interview mit Settele stolperte¹.
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¹ Dazu wird es demnächst einen eigenen Eintag geben, jedoch auf Englisch.
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Als "Magerwiesen" werden eine Reihe an Biotopen bezeichnet, die wenig bis keinen Bewuchs mit Gehölzern (Sträucher und Bäume) aufweisen und sowohl relativ trocken, als auch nährstoffarm sind. Magerwiesen werden in weitere Arten unterteilt:
Dazu wird beschrieben, dass sich das "mager" nicht per se auf die chemische Zusammensetzung sowohl des Bodens, als auch der dort vorkommenden Pflanzengesellschaften bezieht, sondern auf den (geschätzten) landwirtschaftlichen Ertrag. Damit hätten wir schon unser erstes Problem, denn diese Klassifizierung stammt nicht aus den strikteren Biologiezweigen, sondern ursprünglich aus der von ökonomischen Interessen getriebenen Landwirtschaft. Dass es keinerlei Informationen zur Geschichte hinter dieser Klassifizierung und faktisch der gesamten Liste an Biotoptypen in Mitteleuropa gibt, lässt auf fundamental unwissenschaftliche Wurzeln hindeuten, die auch heute noch praktiziert werden.
Um diesen Beitrag so leserlich wie möglich zu halten, betrachte ich hier nur zwei der oben genannten Subtypen, die ich bereits vor Ort innerhlab meines Gebiets begutachten durfte, nämlich den Kalk-Trockenrasen und den Steppentrockenrasen.
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Unter Kalkmagerrasen fallen jegliche Wiesen, bei denen die Böden ein relativ hohes Aufkommen von Kalkstein (Calciumcarbonat, CaCO3), Dolomit oder nicht entkalktes Löss aufweisen. Insbesondere ein Mangel an Stickstoff und Phosphor wird ihnen nachgesagt, was diese "nährstoffarm" machen soll.
Wie kann aber solch' ein Rasen "nährstoffarm" sein, wenn Kalk vorkommt? Kalke werden in der Landwirtschaft, ebenso wie Stickstoff und Phosphor, als Düngemittel eingesetzt, um die Bodenfruchtbarkeit zu steigern und, ganz speziell im Fall vom Kalk, saure Böden landwirtschaftlich nutzbar machen sollen. Kalk ist ein Düngemittel, welches "indirekt" wirkt, indem es den pH-Wert des Bodens anhebt und auf ein Niveau ähnlich dem des Wassers anhebt. Übliche Pflanzen, die landwirtschaftlich angebaut werden, profitieren von dieser Anhebung des Boden-pH-Werts, da Gräser wie z.B. der Glatthafer, der auf Heuwiesen erwünscht ist, auf sauren Böden schlicht nicht wachsen. Gräser wie der Glatthafer profitieren sogar von Euthrophierung, d.h. der Glatthafer-Ertrag ist umso höher, je höher der Nährstoffgehalt des Bodens ist. Dasselbe Prinzip trifft auch auf dem auf Kalk-Maggerrasen in Masse anzutreffendem Gewöhnlichem Knaulgras.
Unter'm Strich ist somit ein Kalkmagerrasen keineswegs "nährstoffarm", im Gegenteil: Kalkmagerrasen sind in der Praxis sehr fruchtbar und somit nährstoffreich, wenn auch "theoretisch" nur "in eine Richtung". "Theoretisch", da ich an Gehölzen direkt neben solchen Kalk-Magerrasen wiederholt zahlreiche Vorkommen der Gewöhnlichen Gelbflechte beobachten durfte, die als Stickstoffzeiger und Indikator für stark gedüngte Orte herangezogen werden². In der Praxis – so jedenfalls innerhalb meiner stark landwirtschaftlich geprägten Gegend – gibt es faktisch keine Kalk-Magerrasen nach Lehrbuchschema, da das potenziell natürliche Angebot von Kalk entweder von Beginn an zu niedrig für die landwirtschaftliche Nutzung ist oder durch Nutzung schnell verbraucht wird, was eine manuelle Zukührung von Kalkdünger, die es auch in gemischter Form mit anderen Düngern wie Stickstoff und Phosphor im Handel gibt, erforderlich macht³.
Eine Prüfung des tatsächlichen pH-Werts solcher Böden findet seitens ökologischer Untersuchungen selten statt. Die Bestimmung erfolgt überwiegend auf Basis des Pflanzenvorkommens mit Verweis auf Ellenbergs Zeigerwerte, die Ellenberg selbst dafür gar nicht vorsah und stattdessen die Vor-Ort-Analyse für aussagekräftiger hervorhob.
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"Gewöhnliche Gelbflechte" (Wikipedia)
² Leider kann ich nicht beurteilen, ob dessen Vorkommen durch direkte Düngung mittels Handelsdünger oder indirekt über Kalkdünger mit Anbau nährstoffanreichender Pflanzen wie Luzerne, die auch verwildert weit außerhalb der Luzernenfelder anzutreffen ist, zustande kommt. Klee ist eine weitere mir bekannte Pflanzenfamilie, deren Wurzeln eine Symbiose mit Bakterien eingehen, die zusammen Nährstoffe im Boden "auf natürliche Weise" anreichern.
³ In meiner Gegend sind die Hinweise darauf, dass hier einst ein recht großes Feuchtgebiet dominierte, beinahe überall zu finden. Lehmböden, die hier unter einer dünnen Schicht fruchtbarer Schwarzerde in beachtlicher Masse vorkommen, sind eine Vorraussetzung für die Entstehung von Feuchtgebieten. Da mein Dorf erst letztes Jahr (2023) "100 Jahre Meliorationsgenossenschaft" feierte, der Name des FFH-Gebiets ein bestimmtes Feuchtgebiet impliziert und die etymologischen Wurzeln des Namens der nächstgelegenen Stadt auf "sumpfiges Gebiet" zurückgeführt werden konnten, bestehen für mich keine Zweifel mehr daran, dass die einstig dominanten Biotoptypen feucht und sauer (nährstoffarm) waren und erst innerhalb der letzten 200 Jahre großflächig zerstört wurden.
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Wie der Name schon impliziert: Hierbei handelt es sich um gehölzlose, "steppenähnliche" Gebiete, die, neben einer Nährstoffarmut, auch eine generelle Artenarmit vorweisen. Aufällig sind hier gleich mehrere Faktoren:
Ja, aber warum sind diese Steppen nun "schutzwürdig"? Aus Sicht des Artenschutzes kristallisieren sich nur sehr wenige Pflanzen und Tiere heraus, die von solch' einer Steppenlandschaft profitieren könnten, darunter – so banalerweise laut meinen lokalen Naturschützern, die für das Land Thüringen Untersuchungen vornahmen – auch das Sommer-Adonisröschen. Derweilen hatte ich aber schon das Vergnügen, diese Pflanze auf einem vom Spätfrost und reichlich Regen geschädigtem Rapsfeld beobachten zu dürften; auf einem geschädigtem Abschnitt, wo der Raps keine Chance mehr hatte, blühte sie Mitte Mai 2024 zwischen aufkommenden Klatschmohn und typischen Unkräutern wie Disteln. Ironischerweise ist das Sommer-Adonisröschen, welches laut der einzigen Tafel in meinem lokalem FFH-Gebiet an einem verstepptem Steilhang und auf der südlich exponierten Steppenwiese vorkommen soll, bevorzugt jedoch laut diverser botanischer Literatur und Landolts Zeigerwerte für die Schweiz neutrale bis leicht basische Ackerränder sowie mäßig nährstoffarme bis mäßig nährstoffreiche Böden. Sowohl versteppte Gebiete, als auch zu basische (kalkreiche) Böden meidet sie, was ich für mein Gebiet so bestätigen kann.
Aus Sicht des Gewässer- und möglicherweise sogar des Trinkwasserschutzes zeigen solche Steppenwiesen ihr größtes Negativpotenzial während Dürreperioden, dessen Einfluss sich auf in unmittelbarer Nähe gelegene Biotope auswirkt. Während der Dürre im Jahr 2022, als ich meine Untersuchungen aufnahm, konnte ich beobachten, wie im gesamten FFH-Gebiet reihenweise die wenigen Nektarpflanzen außerhalb der Steppenwiese vertrockneten und das generelle Insektenaufkommen außerhalb in einem kleinem Streifen entlang des Baches und der Quellen gegen null tendierte. So gut wie alle Pflanzen, die auf der besagten Tafel aufgeführt werden und ich dank' des hohen Gäserbewuchses nur aus der Ferne ausmachen konnte, waren NICHT nachweisbar und das Wasseraufkommen in allen Gewässern war erschreckend niedrig. Somit war natürlich auch die umliegenden Felder auf das manuelle Bewässern angewiesen, da der Grundwasserspiegel zu niedrig war, wobei Bauern allerdings dazu tendierten, trotz offiziellem Entnahmeverbots Wasser aus dem kleinem Bach, der kaum noch Wasser führte, abzupumpen, was die Situation verschlimmerte.
Es ist zwar richtig, dass solche Steppen Orte für Extremophile sind, nur entstand die Steppe in meinem Gebiet nicht durch traditionelle (Über)-Beweidung, sondern durch konventielle Landwirtschaft, wie Luftbilder von 1952, die dem Freistaat Thüringen vorliegen, nachweisen. Noch ein Problem tut sich aber auf, wenn man sich den Namen dieses Schutzgebietes anschaut: Es impliziert nämlich die einstige Existenz eines Feuchtgebiets, welches im Zuge des regionalen Booms der Urbarmachung mittels Melioration und Drainage im frühen 20. Jahrhundert trockengelegt wurde. Das mir vorlegende Dokument stützt sich jedoch auf die umstrittene "Megaherbivorenhypothese", obgleich sich die Erhaltung der Steppe am Südhang sichtlich eher auf die vor knapp 100 Jahren widerlegte Steppenheidetheorie stützt.
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Diese Hypothese wurde vom Niederländer Frans Vera hervorgebracht und geht davon aus, dass vor der Dominanz des Menschen natürliche Parklandschaften dominierten, die von Megaherbivoren wie dem Mammut erschaffen wurden. Auf Basis dieser Hypothese werden fast alle Schutzmaßnahmen aufgebaut, obwohl sich diese Hypothese dank des massiven Einfluss des Menschen heute so gut wie nicht überprüfen lässt.
Am Markermeer in Oostvaardersplassen wurde die Hypothese unter der Co-Federführung von Vera in die Praxis umgesetzt, jedoch mit katastrophalen Folgen für die dort ausgebrachten Herbivoren. Nicht nur ist die Wahl des Ortes – ein vor hunderten von Jahren trockengeletes Gebiet, welches eigentlich unter Wasser liegen müsste und stattdessen mit einem künstlich angelegtem Gewässer ausgestattet wurde – extrem fragwürdig, die Masse an Herbivoren ist so groß, dass eine beachtliche Anzahl an ihnen regelmäßig im Winter verhungerten und erlöst bzw. gekeult wurden. Zweimal hagelte es dafür masive Kritik aus der niederländischen Bevölkerung und inzwischen wurde dieses Experiment schon eher sang- und klanglos aufgeben; das Gebiet dient heute hauptsächlich dem Wassertourismus und zum jetzigem ökologischem Zustand gibt es so gut wie keine Informationen. Eine offizielle Auswertung seitens Vera gibt es bis heute nicht.
Ja, auffällig an seiner Hypothese, was auch zum katastrophalem Scheitern des Experiments führte, ist die Tatsache, dass sie die Existenz von Karnivoren und Prädatoren pauschal ausschließt, obwohl diese auch schon weit vor unserer Zeit durch Europa streiften und mehr oder weniger durch den menschlichen Jäger abgelöst wurden. In Oostvaardersplassen wurde die Jagd allerdings nicht zur Nahrungsbeschaffung angewandt, sondern zu einer sehr spät einsetzenden Populationskontrolle, die "in bulk" kranke and geschwächte Herbivoren aus dem Bestand nahm. Das gänzliche Fehlen von nicht-menschlichen Prädatoren führte wiederholt zu einer unkontrollierten Vermehrung von Pflanzenfressern, deren Populationen wiederholt zusammenbrechen wollten, aber durch menschliches Handeln zwanghaft am Leben erhalten wurden.
Avifaunistisch ist die relativ hohe Dichte an Wasservögeln keineswegs das alleinige Ergebnis dieses Experiments, denn die Vögel, die dort vorkommen, sind typisch für jede Küstenregion, die nicht radikal ge- und zerstört wird, aber auch an künstlichen Seen wie in der mitteldeutschen Seenlandschaft sind die exakt selben Vögel anzutreffen – die einzieg Vorraussetzung dafür ist lediglich, dass die Seen nicht sauer sind, was auf viele Tagebauseen mit einem pH-Wert fast gleichauf mit dem von Essig ist. Auch zur Nutzung für touristische Zwecke werden diese Seen nicht umsonst tonnenweise mit Kalk versorgt – und damit wären wir auch schon wieder am Anfang dieses Abchnitts, der den vermeintlich "nährstoffarmen" Kalk-Magerrasen thematisierte.
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"Megaherbivorenhypthese", Abschnitt "Kritik" (Wikipedia)
Oostvaardersplassen (Wikipedia)
"Bergbaufolgelandschaft" (Wikipedia)
Jetzt kommt verständlicherweise die Frage auf, inwieweit die oben beschriebenen Maßnahmen wissenschaftlichen Standards folgen. Im Fall von Oostvaardersplassen ist es unabstreitbar, dass es sich hier um ein höchst unwissenschaftliches Experiment handelte, welches vor allem ethisch überhaupt nicht vertretbar ist. Dass Vera bis heute keinerlei Fehler bzw. Schwächen an seiner Hypothese und an Oostvaardersplassen äußert, impliziert einen erheblichen Mangel an Wissenschaftlichkeit. Sein gesamtes Werk stützt sich auf einem unfundiertem Glauben daran, dass es früher in Mitteleuropa überwiegend Parklandschaften gab, die den menschlich erschaffenen landwirtschaftlichen Weiden gleichen. Dabei ignoriert er sogar, dass das Gebiet am Markermeer – ja, selbst diser künstliche Süßwassersee! – vor über 200 Jahren und teilweise noch bis 1967/68 noch unter Wasser lag und somit DAS das eigentliche "natürliche" Biotop ist. Dass seine persönlichen Wikipedia-Einträge keinerlei Kritik an seinem Lebenswerk enthalten, stattdessen diese überwiegend nur in sehr verschachtelter Form auf den jeweiligen Themenseiten zu finden sind, bekräftigt meine Vermutung, dass es sich hier einzig um ein rein glaubenspolitisches Projekt handelt, welches seitens Vera keine berechtigte Kritik zulassen möchte. Es ist die Ansicht eines Mannes, die teils unkritisch von anderen Umweltschützern und Behörden übernommen werden und jegliche Kritik, die aufkommt, relativieren und ablehnen. Gescheiterte Experimente wie das in den Niederlanden werden seitens Umweltschutzverbänden totgeschwiegen und nun wird stattdessen auf ein sehr ähnliches Projekt mitten in England ("Knepp Wildland") verwiesen.
Auch in meinem Gebiet gibt es Indizien dafür, dass die Maßnahmen nicht in erster Linie dem Umweltschutz dienten, sondern eher zur temporären Abgreifung von Fördermitteln während der LIFE+-Phase. Mehrere Gebiete in meinem Landkreis wurden zeitgleich untersucht, alle Dokumente⁴ schließen floristische Untersuchungen weitestgehend aus und klassifizieren sogar Flechten als "Pflanzen". Alle Dokumente fordern die temporäre Überweidung durch Schafe und eine (finanzielle) Förderung des Schäferberufs. Kaum endete die Projektphase, gingen in meinem Gebiet die Sichtungen der lokalen Schafherde zurück und zuletzt sah ich den schon recht alten Schäfer Mitte 2022. Seitdem habe ich sowohl im FFH-Gebiet, als auch an einem "ungeschütztem" Hügel in der Nähe, der auch von den Schafen beweidet wurde, keinerlei Spuren einer Schafherde mehr gesehen; weder verlorene Wollklumpen, noch Kot. Überraschenderweise "erholen" sich alle Gebiete, die vorher beweidet wurden, bezüglich der Artenzusammensetzung, denn erst seit diesem Jahr gelang es mir, eine rasche Zunahme an Insektenarten, allen voran Schmetterlinge, aber auch Zikaden, zu verzeichnen. Botanisch gelang es mir auch erst jetzt, sehr selten gewordene Arten wie das Sommer-Adonisröschen überhaupt nachzuweisen und Nektarpflanzen wie die Saat-Esparsette und der Wiesen-Salbei, die 2022 jeweils nur als einsames Einzelexemplar und gar nicht auftraten, zeigen sich erst jetzt in höheren Individuendichten. Als höchst profitabel erweisen sich, neben der Aufgabe der übermäßigen Beweidung, auch die relativ hohen Niederschlagsmassen, die seit Juli 2023 vermehrt hier auftreten.
An traditionell beweideten Wiesen, die es in meinem Ort gibt, ist die Artenzusammensetzung sowohl botainisch, als auch faunistisch fast gleichauf mit der einer typischen konventionellen Monokultur. Lediglich der Löwenzahn, der auf konventionellen Feldern mit chemischen Bekämpfungsmitteln früh vernichtet wird, bekommt auf den beiden Kuhweiden kurzzeitig eine Chance zum Blühen, werden aber oftmals durch die Besitzer bewusst mittels Mähtraktoren und elektrischen Sensen abgemäht. Die Kühe, die wie jedes andere Vieh schon allein durch's Koten zu einer Euthropierung der von ihn beweideten Böden führen, werden zudem mit Entwurmungsmitteln gefüttert, die widerum zu einer Artenarmut am eigentlich nährstoffreichem Kot der Tiere führt und "Verwerter" wie Regenwürmer und Dungkäfer fernhält. Gewöhnliche Misthaufen, die von besagten Bauern angelegt werden, werden von den allermeisten Insekten gemieden und selbst "Mistliebhaber" wie der Admiral ist dort nur extrem selten anzutreffen; er bevorzugt lieber die Streuobstwiesen (aufgebene und noch genutzte), die verfaulte Früchte bieten, und Hundekot an den Wegrändern. Selbiges konnte ich auch schon beim Tagpfauenauge und drei Bläulingsarten (Himmelblauer, Silbergrüner und Hauhechel) beobachten.
Auch wenn dies jetzt übermäßig hart klingen dürfte und mir das leicht als Verteidigung für die durch konventionelle Landwirtschaft entsnaden Schäden ausgelegt werden könnte, aber inzwischen unterstelle ich solchen Projekten einen fundamentalen Realitätsverlust und eine Sturheit, die dem der katholischen Kirche nicht ganz unähnlich ist. Die Romantisierung von Praktiken des 19. Jahrhunderts ist dabei nur teilweise auf einen schon extremen Mangel an Daten VOR dieser Zeit zurückzuführen; hier überwiegt eher der Glaube an eine "heile Welt" vor der Industrialisierung, der sichtlich auf die literarische Gattung der Romantik anzuspielen scheint, die "Natur" bekanntermaßen mystifizierte und als binären Gegensatz zum urbanen Kulturraum verherrlichte. Auch die Naturphilosophie und bekannte Denker wie Rousseau dieser Zeit folgten dem damaligem "Zeitgeist". Wissenschaftliche Praktiken steckten damals noch in den metaphorischen "Kinderschuhen" und würden den heutigen Kriterien der wissenschaftlichen Praxis keineswegs standhalten.
Wieso sich dieses unwissenschaftliche Praxis innerhalb der Ökologie dennoch so hartnäckig halten kann, lässt sich womöglich nur auf dessen stark ausgeprägtem Glaubensfundament und der Politisisierung der "Umwelt" mit folgender wachsenden Aufmerksamkeit seiten wirtschaftlich motivierten Akteuren seit den späten 60ern zurückführen. Das erklärt auch den ekletankten Mangel an "Follow-up"-Studien nach Projektenden – sobald die Finanzierungrunden enden, hört man nie wieder etwas von offiziellen Seiten zu den Projekten und einzig die Besitzer der jeweiligen Gebiete sind nun für die Informationen und das "Management" verantwortlich. Anhand der Beispiele oben ist aber zu erkennen, dass die meisten Projekte entweder der "freien Wirtschaft" übergeben und somit wieder degradieren oder wieder gänzlich sich selbst überlassen werden und sich somit ganz anders entwicklen als von einigen wenigen Menschen, die üblicherweise nicht einmal in der Nähe des Gebiets wohnen, was laut ihnen aber "gemanaged" werden soll, gewünscht.
Quasi immer wieder ein langfristiges Scheitern mit "Vorankündigung", denn die Biotopfamilie "Magerrasen" ist irreführend und führt zu einer sinnlosen Schädigung und Zerstörung von (für ihre Verhältnisse) funktionierenden Biotopen im Namen des "Umweltschutzes", des "Naturschutzes" und/oder des "Kulturlandschutzes". Der sprichwörtliche "Weg zur Hölle" ist eben doch öfter mit "guten Vorsätzen gepflastert", wobei "gut" in diesem Kontext schon wieder eher Ansichtssache ist, speziell wenn erkenntlich ist, dass in erster Linie damit wirtschaftliche Interessen verfolgt werden sollen.
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"Hochwasserschutz in den Niederlanden", Abschnitt "Landgewinnung im großen Maßstab" (Wikipedia)
⁴ Interessant ist an den Dokumenten auch, dass streng geschützte Insekten wie Libellen überhaupt nicht beachtet wurden, obwohl es Arten wie die der Heidelibellen-Familie gibt, die an trockenen Standorten vorkommen und ich 2023 eine auffällig blaue, aber nicht exakt bestimmbare Kleinlibelle zu sehen bekam. Das Faltermonitoring beschränkte sich dazu auf sechs Begehungen zwischen Juni und August, wobei in allen Dokumenten keine Angabe zu dieser Zeitspanne gemacht wurden, dafür aber in der auf Tagfalter Thüringen verfügbaren Datenbank jeweils mit Datum hinterlegt wurden, die im starken Kontrast mit den parallel verfügbaren Sichtungen von anderen Beobachtern stehen. Alle Biotopuntersuchungen wurden parallel über mehrere Orte hinweg durchgeführt und zur selben Zeit (März 2012) veröffentlicht.