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Weil die PICO-8 Folge bei Insert Moin scheinbar ganz gut angekommen ist und meine PICO Bubble bei Mastodon immer weiter wächst, dachte ich mir, dass es mal wieder Zeit für ein Was-wie-wo ist. Für diejenigen, denen die Satzstellung der Überschrift irgendwie seltsam vorkommt hier noch eine mit dem Internet kompatible Variante aus dem Agentur Headline Generator: Was PICO-8 wirklich ist und warum Indie-Entwickler total darauf abfahren.
PICO-8 ist eine Fantasiekonsole. Ja, das hilft jetzt wahrscheinlich auch nicht allen weiter. Ich hole mal aus: Fantasiekonsolen sind, das sagt ja der Titel schon aus, Konsolen, die es eigentlich gar nicht gibt. Zumindest nicht physisch. Es ist quasi eine Software, die eine Hardware simuliert. Allerdings keine existierende Hardware, sondern eine, die sich die Entwickler:Innen der Fantasiekonsole ausgedacht hat. Das sind meistens Systeme, die an alte Zeiten erinnern und mit heftigen Einschränkungen daherkommen, um eben an die gute alte Zeit zu erinnern. Wenn ihr PICO-8 öffnet sieht das in etwa so aus, als hätten eure Großeltern den Commodore 64 angeschaltet: Mit einer Auflösung von lediglich 128 x 128 Pixeln fährt es flott hoch und begrüßt euch mit einer Eingabeaufforderung. Vor hier aus könnt ihr beispielsweise Dateilisten anzeigen lassen oder Programme laden. Wenn ihr denn wisst, wie diese heißen.
Gut, dass ihr fragt. Bis hierher ist das zwar witzig, aber auch etwas sinnlos. Aber jetzt kommt der Clou: Drückt ihr in der Eingabeaufforderung die Escape-Taste, landet ihr in der PICO-8 Entwicklerumgebung. Hier findet ihr, über diverse Taben erreichbar, alles, was ihr benötigt, um für die Konsole ein Spiel oder ein anderes Programm zu schreiben. Es gibt einen Code Editor, das Herzstück der Entwicklerumgebung, wo ihr mit der Skriptsprache Lua programmieren könnt. Lua ist eine imperative Sprache speziell für den Einsatz innerhalb von Applikationen, die Zeile für Zeile von PICO-8 abgearbeitet wird.
Außerdem gibt es innerhalb der Entwicklerumgebung noch einen Grafikeditor, in dem ihr die benötigten Sprites für Akteure, Objekte und Hintergründe pixeln könnt. Grundsätzlich sind diese von PICO-8 als 8 x 8 Pixel große Quadrate definiert, die ihr mit maximal sechzehn Farben zeichnen könnt. Es ist aber auch kein Problem, größere Objekte zu pixeln und diese später in eurem Programm anzuzeigen und zu bewegen.
Hintergründe werden aus einzelnen Sprites im ebenfalls mitgelieferten Karteneditor zusammengesetzt. Das sorgt dafür, dass große Welten nicht auf Kosten der begrenzt zur Verfügung stehenden Sprites gehen. So könnt ihr zum Beispiel einen Baum im Grafikeditor pixeln und diesen so oft ihr möchtet auf der Karte im Karteneditor platzieren. Später könnt ihr dann im Quellcode definieren, welchen Teil der Karte ihr wie groß, wann und wo anzeigen wollt.
Neben Code und Grafik brauchen Spiele aber auch Sound und Musik, was ebenfalls direkt innerhalb PICO-8 erledigt werden kann. Das hat nämlich nicht nur einen eingebauten Soundeditor, es hat auch ein komplettes Musikprogramm eingebaut, ein sogenanntes DAW (Digital Audio Workstation). Hier könnt ihr also zum Beispiel Hüpf-, Schuss- und Laufgeräusche basteln, Musikinstrumente erzeugen und mit diesen einen ganzen Song machen. Natürlich ebenfalls mit starken Einschränkungen, damit auch alles so klingt wie früher.
Genau. Hier kommt die großartigste Idee von PICO-8: Eine Konsole braucht natürlich Cartridges, auf der sich die Spiele befinden. Die in PICO-8 gebauten Spiele werden als .p8- oder .png.p8-Dateien gespeichert. Erstere beinhaltet nur den Code und ist für interne Zwecke gedacht. Letztere ist tatsächlich eine Bilddatei. Und zwar eine, die aussieht, wie eine Retro Spielkassette. Auch Bilder sind lediglich Code mit Pixeln und PICO-8 versteckt in der Bilddatei den Quellcode für euer Spiel, sowie ein Coverfoto, das ihr während der Entwicklung jederzeit mit einem Screenshot bestimmen könnt. So könnt ihr euer Werk also als Cart weitergeben, das zum Einen ein Bild mit eurem Cover ist und zum Anderen auch das Spiel enthält. Andere PICO-8 User legen diese Cart dann einfach in ihrem Cart Ordner ab und können es so ebenfalls spielen.
Alternativ könnt ihr eure Werke auch als HTML5 Container exportieren, den ihr dann zum Beispiel auf eurer Itch.io Seite direkt einbinden könnt. Oder ihr exportiert sie in eine eigenständige Anwendung für macOS, Linux, Raspberry Pi oder Windows.
Nun. Teils, teils. Die PICO-8 Szene ist groß und es gibt, zumindest in Englisch, Tutorials wie Sand am Meer. Und PICO-8 ist relativ einfach zu bedienen. So sind erste Schritte schnell gemacht und der Einstieg ist geschafft. Und erst dann wird es richtig spannend, denn wer tiefer einsteigt kann eine ganze Menge mehr rausholen, als der erste Blick vermuten lässt.
Außerdem kann sich der Quellcode von jedem Spiel, das frei als Cart verfügbar ist, auch direkt in PICO-8 angeschaut werden. Auf Lexaloffle.com, den Entwicklern von PICO-8, gibt es ein Forum, in dem täglich neue Spiele erscheinen. Die dort veröffentlichten Carts lassen sich ebenfalls in den Quellcode schauen. Oder können gleich heruntergeladen werden.
Aber ja, die Motivation etwas zu programmieren muss natürlich da sein. Wenn das gegeben ist, ist PICO-8 mit dem kompletten Workflow in einer App der perfekte Einstieg in die Spieleentwicklung.
Dann bist du bei PICO-8 genau an der richtigen Adresse. Es gibt unglaublich viele Carts und einige sind richtig gut. Das oben angesprochene Forum hat noch einen weiteren Vorteil: Jeder, der PICO-8 besitzt kann dort die eigenen Spiele zeigen und veröffentlichen. Jeder dort eingestellte Titel kann nicht nur direkt im Browser gespielt und optional heruntergeladen werden, sondern ist auch im sogenannten SPLORE verfügbar. Das SPLORE kommt von Explore, also erforschen/entdecken und ist ein Feature, das von der Eingabeaufforderung aus aufgerufen werden kann. Gebt dazu einfach "splore" ein. Daraufhin öffnet sich ein Browser, der verschiedene Möglichkeiten bietet, über das Internet **alle** auf Lexaloffle.com verfügbaren PICO-8 Spiele zu laden und abzuspielen. Hier könnt ihr außerdem Titel favorisieren, so dass ihr sie nicht jedesmal erneut suchen müsst.
Ja, aber: In erster Linie ist es ein Programm, das viele Spiele enthält. Es ist also im Grunde auch für Nur-Spieler ähnlich einem Steam- oder Epic-Launcher, über den dann diverse Titel geladen werden. Allerdings ohne den Schnüffel- und Marketingballast dieser Systeme. Und es gibt mittlerweile diverse Retro Handhelds aus China, die PICO-8 ganz wunderbar nativ abspielen können. Ich selbst besitze das RG351v und das RGB30 und beides sind tolle Geräte für diesen Einsatz. Wer Bock auf Basteln hat, kann sich sogar eine eigene Konsole, zum Beispiel mit einem Raspberry Pi bauen. Für solche Fälle kann PICO-8 sogar so eingestellt werden, dass es beim Start automatisch den SPLORE Browser öffnet, sodass ihr ohne Tastatur und nur mit Gamepad direkt loslegen könnt. Theoretisch laufen sogar alle Spiele auch auf Smartphones und Tablets, aber hier kann die Qualität gerade bei der Steuerung natürlich variieren.
Solltet ihr Besitzer eines Steam Decks sein, lässt sich PICO-8 übrigens sehr leicht im Desktop Modus installieren und ihr habt es fortan direkt in eurer Spielbibliothek.
Für lediglich 15 US-Dollar bekommt ihr auf der Entwicklerseite all das, was ich hier beschrieben habe. Ein Schnäppchen. Vier Pakete stehen jederzeit zum Download zur Verfügung: Mac, Linux, Raspberry Pi und Windows. Da kann man nun wirklich nicht meckern.
Also: Wenn ihr Lust auf echte und regelmäßig neue Indie-Spiele für Zwischendurch habt, die in der Regel auch noch gratis sind, lohnt sich PICO-8 allein schon dafür. Wenn ihr Lust habt selbst auch mal etwas zu entwickeln, dann gibt es keine bessere Alternative für mich als diese kleine Fantasiekonsole.