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Die Entwicklung meines Atheismus in zwei Kurzgeschichten

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Es ist an der Zeit, dass ich einmal erkläre, wieso ich mich als "weichgespülten Atheisten" bezeichne. Das kann ich am Besten anhand von zwei genialen Kurzgeschichten erklären.

Damals, erste Kurzgeschichte: "Kissing Hank's Ass" von James Huber

"Kissing Hank's Ass", originale Veröffentlichung von James Huber

"Kissing Hank's ass", Video von Jamal Qutub

Ich fand im Alter von 20 Jahren zum Atheismus. Zu dieser Zeit, in meiner jungen, stürmischen Atheistenphase, war "Kissing Hank's Ass" genau das was ich wollte: Ein großartiges Stück Satire, eine unterhaltsame Geschichte, welche die logischen Inkonsistenzen theistischer Glaubensvorstellungen in einer bizarren Analogie aufzeigt. Die Handlung macht sich speziell über hausierend missionierende Gruppen wie die Mormonen oder die Zeugen Jehovas lustig.

Schon bald stellte ich mir die Frage: Wenn die Wahrheit so offensichtlich ist, wieso wird noch immer an Gott geglaubt? Wäre es nicht langsam Zeit, dass sich die Menschheit von diesem alten Glauben loslöst? Sollten wir den Menschen nicht mehr Videos wie Dieses zeigen? Würde das nicht die Meisten überzeugen? Ja, damals war ich noch sehr naiv.

Im Laufe der Jahre hat sich mein Zugang zum Atheismus verändert. Mit den Bestrebungen, Gott zu widerlegen und Andere davon zu überzeugen, habe ich abgeschlossen. Die Argumente wurden mehr als genug verbreitet, es wurde schon alles darüber gesagt, und dennoch glauben viele Menschen an Gott, oder zumindest an "etwas Höheres". Grundsätzlich ist das auch in Ordnung, wieso sollten sie das nicht tun? Ich denke wir sollten uns um wichtigere Dinge kümmern als die Frage, ob Gott existiert und die Menschen daran glauben sollen.

Dennoch dreht sich gefühlt 90% aller atheistischen Inhalte nur um diese Themen. Das war unterhaltsam zu lesen als ich zum Atheismus fand, aber je älter ich werde, umso mehr betrachte ich es als Zeitverschwendung. Es gibt so viel wichtigeres zu lesen, tlzu denken und zu entdecken als die hundertste Abhandlung über die Gretchenfrage.

Tatsächlich gibt es auch Ideen, bei denen die Annahme eines Gottes, zumindest in einer metaphorischen Betrachtung, sinnvoll ist. Ein bekanntes Beispiel ist Albert Einsteins früher Skeptizismus gegenüber der Quantenmechanik, ausgedrückt in seinem berühmten Ausspruch "Gott würfelt nicht". Wie hätte er das ohne Gott so prägnant ausdrücken sollen? Ein weiteres Beispiel ist die zweite Kurzgeschichte, die ich hier präsentieren möchte:

Heute, zweite Kurzgeschichte: "The Egg" von Andy Weir

"The Egg", original publication by Andy Weir

"The Egg", animated movie by "Kurzgesagt"

Diese verstörende und gleichzeitig faszinierende Geschichte ist eines der besten literarischen Werke, das ich je gelesen habe. Spoilerwarnung: In den nächsten Absätzen werden Details über den Inhalt dieser Geschichte erwähnt.

Diese Geschichte ist in mehreren Aspekten bemerkenswert. Ein brilliantes Detail ist, dass sie ein Dialog zwischen einem Mann und Gott ist, erzählt aus der Sicht von … Gott! Am Ende beschreibt die Geschichte ein Weltbild, das eine interessante Kombination aus Reinkarnation und Solipsismus ist. Ich hatte so eine Idee vor dem Lesen dieser Geschichte noch nirgendwo anders gehört, allerdings ist sie in der Philosophie durchaus unter dem Begriff "Panpsychismus" bekannt.

https://en.wikipedia.org/wiki/Panpsychism

Wie sollen Atheistinnen und Atheisten mit dieser Geschichte umgehen? Ich werde hier natürlich keine Anweisungen geben. Ich habe nur den Eindruck, dass viele Atheistys, speziell jene in der jungen, stürmischen Phase, die ich oben beschrieben habe, so eng auf die Widerlegung von Gottesvorstellungen fokussiert sind, dass sie mit dieser Geschichte nichts anfangen können. Sie ist kein klassischer religiöser Text, aber sie handelt von Gott, der darin sogar eine Hauptfigur ist. Was soll ein Atheisty darüber denken?

Atheistys tendieren dazu, mit wissenschaftlichen Argumenten gegen religiöse Vorstellungen zu argumentieren. Tatsächlich kann das Weltbild von "The Egg" anhand von wissenschaftlichen Erkenntnissen, speziell der Evolutionslehre, hinterfragt werden. Wenn der heranwachsende göttliche Fötus als jeder Mensch reinkarniert, der jemals existiert, bei welcher Stufe der menschlichen Evolution fing das an? Welche Spezies der Gattung Homo ist Teil des Reinkarnationsprozesses, Nur der Homo Sapiens Sapiens, oder auch der Neandertaler, der Cro-Magnon-Mensch, etc.?

Der Punkt ist, solche Fragen gehen am Thema vorbei. "The Egg" ist kein wissenschaftliches Werk, sondern philosophische Literatur. Im Gegensatz zu "Kissing Hank's Ass" ist "The Egg" keine Geschichte über Gott, sondern über das Leben und die Welt, aus einer etwas ungewöhnlicheren Perspektive.

Wenn man nur darauf aus ist, daß beste Argument gegen Gott zu finden, wird man mit dieser Geschichte nichts anfangen können. Aber wenn man damit fertig ist und Gott einfach als verbreitete Phantasiefigur akzeptiert, kann man Geschichten wie diese mit Freude annehmen. Auf diese Weise hat sich mein Atheismus im Laufe der Jahre gewandelt, weshalb ich ihn heute ganz bewusst als "weichgespülten Atheismus" bezeichne.

Ich freue mich über Rückmeldungen und Kommentare per E-mail:

300nm@derschwarzestrahler.at

CC BY-SA 4.0 Martin Marot-Perz, 2023-01-26

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