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Mittwoch, 18. August 2010 um 17:38 Uhr von Fnordic walker
Diese Pressemitteilung ist unter https://www.c3d2.de/ abrufbar. Ansprechpartner: CCC Dresden presse@c3d2.de
Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit steht die nächste Volkszählung 2011 vor der Tür. Die letzte Volkszählung ist fast 30 Jahre her und zog massive Proteste in der Bevölkerung nach sich. Das oberste Gericht der Bundesrepublik bestimmte deshalb sogar die Schaffung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Diesmal plant der Staat, Datenbanken zweckentfremdet zusammen zu führen und die Bürger auf eine Ordnungsnummer zu reduzieren. Damit endet die Vollerfassung noch lange nicht. Eine Vielzahl weiterer Daten wird manuell erfasst oder direkt an der Haustür von sogenannten Erhebungsbeauftragten abgefragt. Am Ende entsteht für mehr als 710 Millionen Euro eine dicke Datenbank, aus der sich indirekt sogar die Teilnahme an einem Zeugenschutzprogramm ablesen lässt. Es sei gestattet, darauf hinzuweisen, dass noch nicht mal die Banken in der Schweiz oder Liechtenstein auf ihre Daten aufpassen können. Selbst dem CCC sind schon Datenpannen unterlaufen.
Für das Zensusgesetz 2011 erlassen die Länder eigene Gesetze zur Durchführung der Volkszählung. Hier in Sachsen soll demnächst das Sächsische Ausführungsgesetz des Zensusgesetz 2011 (SächsZensGAG) abgenickt werden. Der Chaos Computer Club (CCC) bekam, wie in anderen Bundesländern auch, die Möglichkeit einer Stellungnahme zu diesem Ausführungsgesetz. Oliver Knapp, Zensusexperte vom CCC, fasst es so zusammen: "Als ob der Zensus 2011 nicht schon ein Alptraum wäre, so regelt dieses Gesetz viele Dinge unzureichend und wird dem vom Bundesverfassungsgericht geforderten Abschottungsgrundsatz nicht gerecht. An anderen Stellen schießt es weit über das Ziel hinaus."
So ist nicht geregelt, wo die Erhebungsbeauftragten die Daten zwischenlagern, wie deren gesicherte Übertragung an das Statistische Landesamt zu erfolgen hat oder was mit den Erhebungsbögen geschieht, wenn sie dort erfasst sind. Auch eine Protokollierung des Zugriffs auf die genutzte IT-Infrastruktur fehlt. Damit fehlt jede Möglichkeit, Datenverbrechen im Nachhinein aufzuklären oder Täter abzuschrecken.
Bedenklich ist auch, dass kommunale und/oder staatliche Bedienstete neben ihrer Dienstzeit als Erhebungsbeauftragte jobben sollen. Abgesehen von dem potentiellen Interessenkonflikt beider Tätigkeiten ist dies wohl nicht mit dem Arbeitszeitgesetz vereinbar.
Die Kontrolle der Durchführung sollte laut SächsZensGAG dem sächsischen Datenschutzbeauftragten unterliegen. Dazu findet sich gegenwärtig kein Paragraph in dem Gesetz.
Wieviel uns als Steuerzahler die Erfassung und Zusammenführung der zu erhebenden Daten kostet, kann nur geschätzt werden. Erfahrungsgemäß liegen die tatsächlichen Kosten stets wesentlich höher. Wirtschaftsunternehmen - wie Wohnungsgenossenschaften - und Privatpersonen müssen viele Kosten durch Datenerhebung und Datenverarbeitung selbst schultern.
Der Chaos Computer Club rät dem Gesetzgeber dringend, das SächsZensGAG zu verbessern oder die Teilname an der Volkszählung gemäß ZensG 2011 bis zur Klärung ihrer Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.
Weiterhin weisen wir auf den Mitschnitt einer Radiosendung über das Zensusgesetz auf Coloradio hin und laden zu dem Symposium Datenspuren (16.- 17. Oktober) in das Kulturzentrum Scheune in Dresden u. a. mit einem Vortrag über die Volkszählung ein.
Am 23. August 2010 19:30 sind wir als Gast zur Veranstaltung: "Volkszähung 2.0: Jeder wird erfasst" auf dem Bischofsplatz 6 geladen.