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  <title>Heinz Irsen - Untersuchungen zum Werk</title>
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<h1 align="center"><img src="logo.gif" alt="Logo" align="middle" border="0">
<a href="titel.htm"> � </a>Heinz Irsen</h1>

<h2>Untersuchungen zum Werk</h2>

<h3>I. Das musikalische Schaffen - Ursachen und Bedingungen</h3>

<p>Es w�re eine nicht gerechtfertigte Hypertrophie, Irsen  als einen bekannten
Komponisten mit einer st�ndiger Pr�senz  im  Repertoire des Musikbetriebs
bezeichnen zu  wollen.  Gerade  diese  fehlende Breitenwirkung mutet bei einem
so produktiven Komponisten wie  er es war als ungew�hnlich an.</p>

<p>Bedenkt man ferner seine �ber 47 Jahre  andauernde  T�tigkeit  an der
Musikschule Siegburgs und seine Kontakte zu anderen  Musikern �ber das
Rheinland hinaus, so ergibt sich das Bild eines zwar  in p�dagogischer  und 
kompositorischer  Hinsicht  geachteten,  aber letztlich ohne Wirkung
gebliebenen Komponisten.  Dies  tritt  vor dem Hintergrund einer von Irsen 
verk�ndeten  Musik  "die klingt" noch deutlicher hervor, da er daran
interessiert war, den Zuh�rer mit seinen Werken zu erreichen und ihm  auf 
musikalischer  Ebene etwas mitzuteilen. Irsen stellte sein Schaffen  durchaus 
in  den Dienst der Kommunikation zwischen Komponist und Zuh�rer  und  bejahte
ganz entschieden die Tatsache, da� Musik in dieser Hinsicht eine bestimmte
"Funktion" habe und diesem Zweck dienen m�sse.</p>

<p>Ausgehend von dieser Tatsache, mu� es verwundern, da�  Irsen  als Komponist
zwar Anerkennung erhielt, doch er es auf breiter  Basis nicht vermochte, seine
Werke tragf�hige S�ulen eines  Repertoires werden zu lassen, und da� er trotz
des von ihm  erteilten  Unterrichts in Kontrapunkt und Harmonielehre an der
Musikschule  keine M�glichkeit hatte, eine kompositorische  "Schule"  zu 
begr�nden, �ber die hinaus er die M�glichkeit gehabt  h�tte,  seinen  Status
als Komponist zu festigen.</p>

<p>Die an diesem Punkt einsetzende Fragestellung f�hrt zur  �berpr�fung des
kompositorischen Schaffens auf dessen Ursachen  und  Bedingungen hin.</p>

<p>Der Grund f�r die fehlende Breitenwirkung kann nicht  zuletzt  in der
Tatsache gesehen werden, da� Irsens Schaffen starke epigonale Z�ge aufweist.
Eigenst�ndige Tendenzen sind zwar stets  vorhanden und bestimmen das Bild, das
Irsens Gesamtwerk aufzeigt, zu  einem Teil mit, doch tragen die meisten seiner
Werke  in  Aufbau,  Gattungswahl und Instrumentation konventionelle Z�ge.</p>

<p>Die Problemlage dieser werkimmanenten Tendenzen weist auf  Irsens direkte
Umgebung hin und wird an ihr sichtbar, denn  der  Einflu� der Musikschule ist
in den Werken Irsens allgegenw�rtig.</p>

<p>Das musikalische Schaffen dieses  unbekannten  Komponisten  h�ngt �u�erst
stark mit dieser  Bindung  an die  Musikschule  zusammen; hier scheint
letztlich auch der Grund f�r den epigonalen  Charakter seiner Werke und der
nicht �ber  die  Stadtgrenzen  Siegburgs hinausgehenden Popularit�t seiner
Musik zu liegen, da Irsen  hier zwar einerseits den Ausgangspunkt und die
�u�eren Bedingungen f�r sein Schaffen vorfand, er jedoch andererseits  nicht 
�ber  diese Bedingungen hinausging.</p>

<p>Es sei deshalb kurz auf diese Rahmenbedingungen, die sein  Schaffen so
nachhaltig pr�gen, eingegangen.</p>

<p>In den Jahren 1942 bis 1989 war Irsen an  der  Siegburger  Musikschule als
Lehrer f�r Tonsatz,  Harmonielehre,  Klavier,  Cembalo und Geh�rbildung
angestellt. Dies hinterlie� in seinen Kompositionen tiefe Spuren, da er stets
Werke f�r das Lehrerkollegium  der Schule, seine Sch�ler und die 
Instrumentalgruppen  schrieb,  die seine Werke in Konzerten der Musikschule ,
aber  auch  au�erhalb, auff�hrten.</p>

<p>Trotzdem gelang es Irsen nicht, seine Werke Repertoire werden  zu lassen.
Resultieren die Klavier- und Orgelwerke aus  dem  Bedarf, sie selbst
aufzuf�hren und wurden viele Sch�ler Irsens  Interpreten seiner Werke,
resultieren zudem viele  Blockfl�tenst�cke  aus seiner Arbeit mit den
Fl�tengruppen an der  Musikschule,  so  ist doch festzustellen, da� es gerade
diese enge Bindung war, die ihn zwar k�nstlerisch beeinflu�te, ihn  jedoch 
letztlich  auch  einschr�nkte.</p>

<p>Gerade im Hinblick auf die sich durch viele Jahre in seinem  Werk
hindurchziehende Besetzung f�r die  verschiedensten  Blockfl�tengruppen ist zu
erkennen, wie gro� der Einflu� der Musikschule auf das Werk Irsens ist: fast
in jedem  Jahr  schrieb  Irsen  mehrere Werke f�r Blockfl�ten und kombinierte
in seinen St�cken oft seine Musik mit bekannten Volks- oder Weihnachtsliedern,
um den Sch�lern durch eine bekannte Melodie innerhalb des Werkes  Halt  zu
geben. Da es sich bei diesen Gruppen oft um sehr junge Sch�ler handelte, lag
hier auch ein Teil der p�dagogischen Arbeit Irsens, die  sein Werk
beeinflu�te, die aber auch mit seinem Werk andere beeinflussen konnte.</p>

<p>Auch die Wahl der Instrumente wurde dadurch  bestimmt ; da  Irsen durch
seine Umgebung in der Musikschule "an der Quelle " sa�, konnte er,
hinsichtlich der Instrumentenwahl, aus dem vollen sch�pfen und nahezu alle
Instrumentenkombinationen verwenden sowie dadurch die  verschiedensten  Werke 
innerhalb  eines  Jahres  schreiben. Selbst die gro�besetzten Orchesterwerke
und Kantaten  wurden  f�r die Lehrer und Sch�ler der Musikschule geschrieben
und mit  ihnen zusammen aufgef�hrt.</p>

<p>Das kompositorische Werk Irsens ist in seiner ganzen  F�lle  erst durch die
enge Bindung an die Musikschule zu verstehen.  Auf  den ersten Blick sein
Gelderwerb, war sie im Grunde  Inspiration  und Anla� seines riesigen
musikalischen Oeuvres. In ihr hatte er  ein Instrumentarium zur Hand, das ihm 
durch die Jahrzehnte die  M�glichkeit bot, alle erdenklichen Gattungen  und 
Instrumentationen zu erproben und dadurch immer andere Klangkombinationen zu
erreichen. Auch die Wahl der Gattungen sowie die Instrumentation seiner Werke
ist in der engen Verflechtung mit der Musikschule  zu  verstehen und
verdeutlicht den letztlich  epigonalen  Charakter  dieser Wahl. Durch eine
genauere Betrachtung lassen sich bei Irsen  verschiedene Tendenzen
feststellen, die hier kurz skizziert seien.</p>

<p>Betrachtet man das gesamte kompositorische Werk Irsens, so  f�llt die gro�e
Bedeutung der Tradition bei der Gattungswahl auf: Irsen schrieb innerhalb von
Gattungen, die als die Grundlage der abendl�ndischen Musik angesehen werden
k�nnen. Es handelt  sich  dabei jedoch nicht nur um diejenigen Gattungen, die
Irsen aus der Sp�tromantik �bernahm, sondern um die gebr�uchlichsten Gattungen
 vom Barock bis zur Moderne. F�r Irsen war damit die M�glichkeit gegeben,
seine kompositorische Entwicklung innerhalb der verschiedensten tradierten
Gattungen stattfinden zu lassen  und  damit  alte Gattungen mit neuer Musik am
Leben zu erhalten.</p>

<p>Dies war bei ihm auch p�dagogische Absicht: erlernten  die  Sch�ler bei ihm
im Unterricht die Gattungen und  Musik  verschiedener Epochen,  konnte  er 
seine  Sch�ler  durch  Beibehaltung  dieser bekannten  Gattungen an  seine 
Musik  heranf�hren.  Ebenso  galt diese Vorgehensweise f�r das Publikum, das
Irsen durch  die   bekannten Gattungen der Musikgeschichte mit seinen  eigenen
 Werken vertraut machen konnte.</p>

<p>Irsen war auf dem Gebiet der Erweiterung und Erfindung neuer Gattungen
nicht so innovativ wie innerhalb  seiner  kompositorischen Entwicklung.
Einerseits wirkte in ihm die Tradition der  �berlieferten Formen der
Sp�tromantik  nach,  andererseits  �bernahm  er diese Gattungen bewu�t aus
p�dagogischer Absicht.</p>

<p>Suchte Irsen neue Gattungen, schuf er meist  eigene,  sehr  freie Formen,
die ihm wie dem Ausf�hrenden genug Spielraum  f�r  Erfindungen und freies
Spiel lie�en. Nicht wenige  Werke,  gerade  aus der Sp�tzeit Irsens, tragen
deshalb ihren  freien  Spielcharakter bereits im Titel: "Dialoge" (Nr. 330),
"Monologe" (Nr.339), "Vieles in einem" (Nr. 350), "Spielereien" (Nr. 383) u.a.
 Bei  einem so  erfindungsreichen Komponisten wie Irsen,  der stets an  einem
Werk, sei es im Kopf oder auf dem Papier, arbeitete und der selbst im Alter
einen Jahresdurchschnitt von ca. 10 Werken erreichte, war die Gattungswahl
daher sehr wichtig: sie mu�te ihm genug Raum f�r Neuerungen in der eigenen
kompositorischen  Arbeit  lassen.  Dies konnte in den Gattungen der Barockzeit
ebensosehr  geschehen  wie in Formen der Neuzeit.</p>

<p>Davon ausgehend ist festzustellen, da� Irsen  ein  �u�erst  vielseitiger
Komponist war, da er in  fast  allen  Gattungen  schrieb und alle erdenklichen
Instrumentationen daf�r verwendete, die  in den Bedingungen der Musikschule zu
begr�nden sind.</p>

<p>Doch sind die epigonalen Z�ge oft so stark, da� den  Werken  zwar
einerseits viele eigene kompositorische Gedanken zugrunde liegen, ihnen jedoch
andererseits als eigenst�ndiges vollg�ltiges "Werk", als "Irseniana", die
kompositorische Gr��e fehlt.</p>

<p>Insofern ist Irsen ein Opfer seiner  eigenen  immensen  Sch�pferkraft, die
jedoch ebensosehr zu der immer wieder neu entstandenen Vielfalt  seiner �ber
800 Einzelwerke beitr�gt und aus in  erster Linie p�dagogischen Zwecken
dienenden  Arbeiten  durchaus  inspirierte Werke macht.</p>

<p>Es ist jedoch zu fragen - und dies betrifft das  Schaffen  Irsens als
Ganzes - ob nicht gerade die Verwurzelung von Irsens Musik in der N�he des
praktischen Musizierens, in der bewu�ten  Ann�herung an Ensembles und der
damit verbundenen Kommunikationsbereitschaft des Komponisten zu seinem
Publikum, eine gro�e Chance f�r  Irsens Gesamtschaffen darstellt. Einerseits
verhaftet  in  Kompositionsstrukturen, die sich aus der unmittelbaren Umgebung
Irsens  ergaben, andererseits die dadurch erzielte hohe Praxisn�he macht  das
Schaffen Irsens letztlich zwiesp�ltig. Doch gerade in dieser Praxisn�he liegt
die M�glichkeit, Irsens  Kompositionen  aufzuf�hren und ihnen einen, wenn auch
regional gebundenen, Platz zukommen zu lassen.</p>

<p>So ist die  innere  strukturelle  Begrenzung  des  "musikalischen Schaffens
des Siegburger Komponisten Heinz Irsen" zugleich dessen Chance.</p>

<h3>II. "Komponieren ist bei mir ein Drang" - Aspekte der kompositorischen    
Entwicklung Irsens</h3>

<p>Heinz Irsen war ein �u�erst produktiver Komponist, dessen Niederschlag in
insgesamt 449 Werknummern zu finden ist; die  einzelnen Werke d�rften sich auf
ca. 800 - 900  Einzelkompositionen  belaufen. Ab 1922 liegen von ihm in
kontinuierlicher  Reihenfolge  bis zu seinem Tod 1989 Werke in fast allen
Stilrichtungen und Gattungen vor.</p>

<p>Irsen teilte sein Schaffen in vier Perioden ein, deren  Ausgangspunkt die
Weiterentwicklung der Harmonik ist. Im  folgenden  soll diese Einteilung
kritisch untersucht und  deren  Grundlagen  kurz dargestellt werden.</p>

<p>Dazu sei an das Gesamtschaffen Irsens folgende Frage gerichtet: Nach
welchen Kriterien teilte Irsen sein  Schaffen  ein  und  wie ist der Einflu�
Hindemiths dabei zu werten?</p>

<p>Es sei kurz auf die  von  Irsen  vorgenommene  Einteilung  seiner Werke in
vier Perioden eingegangen, um daran die kompositorischen Grundlagen, aber auch
die Weiterentwicklung innerhalb seines  Gesamtschaffens aufzuzeigen.</p>

<h4>a) Die "Dur-Moll-Periode" ( 1922-1940 )</h4>

<p>Die fr�hen Jahre in der kompositorischen Entwicklung Irsens  sind
gekennzeichnet durch die �bernahme der tradierten Harmonik.</p>

<p>Bereits in den fr�hen drei�iger Jahren - Irsen ist Ende zwanzig ist jedoch
eine Weiterentwicklung im Bereich der Harmonik festzustellen. Er durchbricht
die erlernte harmonische Grundlage  und  erweitert sie gleichzeitig. Die
Tonalit�t wird nicht  vollst�ndig  aufgehoben, doch sie ist nicht mehr das
Fundament seiner Werke. Sie wird "frei" und Irsen nutzt dies in vielen
klanglichen Wirkungen  aus. Angeregt durch den Einflu� Hindemiths gewinnen
seine Werke  immer mehr Selbst�ndigkeit und Irsen kann zunehmend eine eigene 
harmonische Entwicklung und Sprache ausbilden. Am Ende  der  drei�iger Jahre
hat Irsen die herk�mmliche Dur- Moll- Harmonik  aufgegeben. Gleichzeitig wird
seine musikalische Sprache  durch die  von  ihm verwendete Harmonik immer
individueller.</p>

<p>Doch  gerade der  Einflu�  Hindemiths  verhinderte  eine  v�llige Losl�sung
Irsens von dessen Werken, so da� trotz beginnender  Individualisierung Irsens
Schaffen von starken epigonalen Z�gen gepr�gt ist. Die "polyphonen Traditionen
der deutschen Kunstmusik", auf die Hindemith besonders  in  seinen  Fr�hwerken
 zur�ckgriff, nahm auch Irsen f�r sich in  Anspruch  und  folgte  damit 
seinem Vorbild in kompositorischer Hinsicht nach. Auch legte  Irsen  bereits
in diesen Jahren den Grundstein  f�r  die  Verwendung  m�glichst vieler
Gattungen  innerhalb  seines  Schaffens, und  wurde darin ebenfalls von 
Hindemiths  Gattungswahl  und  dem  Bem�hen, " den alten', alle musikalischen
Erscheinungsformen  umfassenden Musikbegriff wieder verbindlich zu machen",
stark beeinflu�t.</p>

<p>Dieser Einflu� ist durch das gesamte musikalische Schaffen,  auch in der
atonalen Phase, �berdeutlich zu erkennen  und  wird  durch das immer neue
Erfinden und Kombinieren der verschiedensten  Gattungen stets aufs Neue
belegt.</p>

<h4>b) Die "Periode der erweiterten Tonalit�t" ( 1940-1950 )</h4>

<p>W�hrend des II. Weltkrieges entwickelte  Irsen  innerhalb  seines Werkes
den �bergang von der tonalen zur harmonisch  immer  freier werdenden Musik.
Dies ist durchaus zeitgeschichtlich-politisch zu verstehen:  w�hrend  das 
kompositorische  Vorbild  Hindemith  in Deutschland aufgrund seiner Werke
stark angegriffen wurde - seine Musik galt als "entartete Kunst" und die
Urauff�hrung seiner Sinfonie "Mathis der Maler" f�hrte 1934 zu einem Skandal -
und Sch�nberg 1933 �ber Paris in die USA emigrierte, schlo� sich Irsen bewu�t
an den von Hindemith proklamierten Kompositionsstil  an  und verfiel, trotz
vieler Gelegenheitswerke f�r  die  Musikschule  ab 1942, nicht in den von der
NS-Regierung  vorgeschriebenen  Musikstil.</p>

<p>Irsen entwickelte die Tonalit�t dahingehend weiter, da� sie  zwar
tonartlich durch feste Bezugst�ne gebunden und damit in  gewisser Weise noch
tonal war, doch l�ste er zunehmend die  einzelnen  musikalischen Abl�ufe von
diesen Bezugst�nen ab und entfernte diese Abl�ufe damit immer weiter von einem
Grundton. Damit waren  seine Werke zwar hinsichtlich des Anfangs- und
Schlu�tones tonal und boten dem Gesamtwerk f�r alle Abl�ufe ein  Ger�st, in 
welchem  sie stattfinden konnten, doch wurden diese musikalischen Vorg�nge und
Entwicklungen innerhalb eines Werkes harmonisch immer freier. Auf die
Bedeutung des "Bezugstones" kam Irsen  in  seinem  "Personalstil" ab 1970
wieder zur�ck.</p>

<p>Auch in dieser Periode folgte Irsen Hindemith, was  ihn  deutlich als
epigonalen, aber charakteristischen Komponisten zeigt.</p>

<h4>c) Die "Periode der Atonalit�t" ( 1950-1970 )</h4>

<p>Als Konsequenz der permanenten  Erweiterung  der  Harmonik  ergab sich in
Irsens Werk in den ersten Nachkriegsjahren die Hinwendung zur Atonalit�t, die
�ber 20 Jahre andauern sollte.  Irsen  folgte damit der allgemeinen
musikalischen Entwicklung, wenn  auch  versp�tet, nach. Es scheint, als ob
durch den Zusammenbruch der  NS-Herrschaft Irsen sich nun insofern von jedem 
�u�eren  Zwang  befreit f�hlte, da� er nun die Grenzen der Tonalit�t endg�ltig
�berschreiten und sich der atonalen Schreibweise bedienen konnte.</p>

<p>Es ist jedoch zu fragen, warum Irsen  erst  ab  diesem  Zeitpunkt atonal
schrieb und dies nicht bereits 10 Jahre zuvor begann. Eine m�gliche Erkl�rung
mag  sein, da�  Irsen, wie  erw�hnt,  den Druck des NS-Regimes nun nicht mehr
versp�rte und seinen Kompositionsstil, ohne politische  Konsequenzen 
bef�rchten  zu  m�ssen, frei entfalten konnte. Dies m��te jedoch zu der 
Annahme  f�hren, da� Irsen seine angestrebte atonale Schreibweise  in  den 
Jahren 1933 -1945 unterdr�ckt sowie weitere f�nf Jahre bis 1950 
zur�ckgehalten h�tte, bevor er nun atonal schrieb.</p>

<p>Ob Irsen die Atonalit�t deshalb umging, weil er zusehr unter Hindemiths
Einflu�  stand  oder  politische  Konsequenzen  f�rchtete (auch in Hinsicht
auf die Musikschule), mag ungekl�rt bleiben. Da er jedoch erst 1942 die
Musikschule mitgr�ndete und  er  erst  ab diesem Jahr f�r seine  dortige 
Arbeit  politischen  Druck  h�tte f�rchten m�ssen, w�re es f�r ihn in den
Jahren  1933-1942  durchaus m�glich gewesen, atonal zu schreiben. Da er es
nicht tat, ist zu vermuten, da� der kompositorische Einflu� Hindemiths gerade
in diesen Jahren sehr stark war, was durch die Werke  und  der  Gattungswahl
Irsens auch unterstrichen wird.</p>

<p>Viel eher mag nicht eine politische, sondern  eine  k�nstlerische Absicht
diese Entwicklung zur  Atonalit�t  begleitet  haben:  die atonale Schreibweise
kann als eine bewu�te Abgrenzung  zu  Hindemith verstanden werden, eine
Abgrenzung von einem fast  �berm�chtigen Vorbild, das fast 30 Jahre lang
Irsens kompositorische Entwicklung nachhaltig beeinflu�t hatte. Zusammen mit
einem  "Neuanfang" in einem politisch neuen Deutschland begann sich Irsen  von
seinem Vorbild zu distanzieren und  eine  eigene  Bestimmung  der
kompositorischen Grundlagen seines Schaffens vorzunehmen.  Hindemiths Einflu�
blieb jedoch weiterhin in der Gattungswahl sp�rbar.</p>

<p>Gerade dieses eigenst�ndige  Bestimmen  seines  Kompositionsstils
unabh�ngig von den Vorgaben der damaligen Zeit, verleiht den Werken dieser
Periode eine eigene kompositorische Substanz.</p>

<h4>d) Die "Periode des Personalstils" ( 1970-1989 )</h4>

<p>Irsen blieb bei der atonalen Schreibweise innerhalb seines Schaffens nicht
stehen, was deutlich zeigt, da� er  es  letztlich  als Begrenzung seiner
Inspiration empfunden haben mu�. Hatte er  diesen Stil �ber 20 Jahre lang
verwendet, entwickelte er ihn nun  in einer erstaunenden Weise weiter, die
jedoch auch sein Epigonentum deutlich werden l��t:</p>

<p>Ab 1970 kn�pfte Irsen an  Hindemiths  Kompositions - Prinzip  des
"Zentraltons",  der  aus  dem Grundton  hervorgegangen  war,  an. Dieser
Schritt ist bemerkenswert und es ist zu fragen, warum sich Irsen in seinem
Sp�twerk nach  seiner  Entfernung  von  Hindemith durch atonale Schreibweise
nun wieder seinem Vorbild und  geistigen Lehrer zuwandte. Auch die
Verz�gerung, mit der dies  geschah, ist zu hinterfragen.</p>

<p>Es mag zum einen in der Tat letztlich eine Begrenzung in der Atonalit�t
gelegen haben, die Irsen aus  k�nstlerischer  Sicht  nach 20 Jahren zu dem
Ergebnis kommen lie�, in diesem Stil nicht  mehr schreiben zu k�nnen oder zu
wollen. Er mag sich  "ausgeschrieben" haben und hatte in diesem Zeitraum alle
M�glichkeiten  in  vielen unterschiedlichen  Gattungen  ausprobiert.  Nun
suchte  er  etwas anderes, etwas, da� alle diese Entwicklungen aufnehmen und
verarbeiten konnte.</p>

<p>Da� er sich daraufhin erneut seinem "Ideal"  Hindemith  zuwandte, erscheint
logisch und l��t vermuten, da�  Irsen  auch  in  seiner atonalen Periode sich
nicht v�llig von Hindemiths  Einflu�  freimachen konnte.</p>

<p>Zum anderen scheint die Frage  sinnvoll,  warum  Irsen  20  Jahre brauchte,
diese Einsicht zu bekommen, denn  w�re  die  Atonalit�t wirklich eine strikte
Eingrenzung f�r  Irsens  Schaffen  gewesen, h�tte er sie nicht �ber diesen 
ganzen  Zeitraum  verwendet.  Das Problem - oder vielmehr dessen m�gliche
Antwort - scheint deshalb anders gelagert zu sein: durch die ab 1950
verwendete  Atonalit�t war Irsen �ber Hindemiths Kompositions - Prinzip 
hinausgegangen.</p>

<p>Nun, um 1970, erweiterte er diese Stilmittel jedoch  um  die  von Hindemith
angewandten Prinzipien, d.h., er integrierte  in  seine atonal konzipierte
Musik das "Zentralton - System", in welchem er weiterhin das Reihenprinzip
anwandte, nun aber mit einem Ton  aus dieser Reihe als "Zentralton", um den
die "T�ne wie die  Planeten um die Sonne kreisen". Damit hatte Irsen in seinem
Sp�twerk beide Kompositions-Prinzipien vereinigt. Sein "Personalstil" ist 
somit �u�erst farbige, tonal schimmernde Atonalit�t, die, je  nach  Bedarf,
das eine oder das andere  Prinzip  anwendet.  F�r  einen  so produktiven
Komponisten wie Irsen war dies eine gute Voraussetzung, seinen inneren
kompositorischen "Drang"   in  diesen  Werken stets aufs Neue best�tigt zu
sehen.</p>

<p>Ob die Atonalit�t Irsen  wirklich  k�nstlerisch  eingrenzte,  mu� deshalb
unter diesen Gesichtspunkten angezweifelt werden, denn er wandte sie von 1950
bis zu seinem  Tod  an.  Es  scheint  deshalb sinnvoll, anzunehmen, da� Irsen
nach fast 20 Jahren der  Atonalit�t alle kompositorischen M�glichkeiten 
ausgesch�pft  hatte  und ab 1970 "zur�ck zu den Urspr�ngen"  kehrte,  und  das
 bedeutete: Atonalit�t mit den Kompositions-Prinzipien Hindemiths.</p>

<p>Hindemiths  Einflu�  war  so stark,  da� Irsen selbst  in  seinem
"Personalstil" sich letztlich nicht davon freimachen konnte.  Darin ist er
stets ein Epigone geblieben.</p>

<p>Bedenkt man so  die  vielen  kompositorischen  M�glichkeiten  f�r einen 
Komponisten,   ab  1970  Musik  zu  schreiben,   wird  die Entscheidung
Irsens, sich im Alter wiederum Hindemith zuzuwenden, klar, da er sein ganzes
Leben in  direkter  Hindemith - Nachfolge stand, wof�r seine Werke in
klanglicher Hinsicht  beredtes  Zeugnis geben. Die Atonalit�t war zwar f�r
Irsen  unumg�nglich,  doch nicht der Endpunkt jeder musikalischen Entwicklung.
Zudem scheint es auff�llig, da� Irsen sich in einer  Zeit  wieder  langsam 
einer Form von Tonalit�t durch Hindemiths Prinzipien  zuwandte,  in der dieses
auf internationaler Ebene erneut vermehrt geschah.</p>

<p>Da� Irsen dies nur sieben Jahre nach Hindemiths Tod im Jahre 1963 begann,
l��t �berdeutlich werden, wie stark er von seinem  geistigen Lehrer bis ins
hohe Alter beeinflu�t wurde, l��t seine  eigene kompositorische Entwicklung
durch gerade diese permanente Abh�ngigkeit jedoch letztlich auch als
zwiesp�ltig erscheinen.</p>

<p>Fraglich bleibt, ob eine v�llige  Abkehr  von  Hindemith  Irsens
musikalischem Schaffen gr��ere Bedeutung und Wahrhaftigkeit verliehen
h�tte.</p>

<p></p>
<hr>
<address>
  1994, Dietmar H�gen, Jan-Wellem-Stra�e 16, D-51789 Lindlar<br>
  1999-04-29, HTML-Fassung durch
Werner Icking (1943-2001),<A HREF="http://www.gmd.de/">GMD</A>
</address>
<ADDRESS>
  2001-05-08, <a href="mailto:reccmo@doriath.saers.com">Christian Mondrup</a>,
  <a href="../../index.html">Werner Icking Music
  Archive</a>
</address>
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