Importance of Copyright and Software Patents

From: Sascha Brawer brawer@dandelis.ch Subject: [wsis com-ch] Re: “Computer software should not be protected by copyright” To: Alex Schroeder alex@gnu.org, Wilhelm Tux wilhelmtux-discussion@wilhelmtux.ch Date: Tue, 13 May 2003 12:42:34 +0200

brawer@dandelis.ch

alex@gnu.org

wilhelmtux-discussion@wilhelmtux.ch

Computer software should not be protected by copyright, or at least, the protection period of computer software should be shortened. Software shall not be patentable, in principle.

Nein, der erste Satz ist aus Sicht der Freien Software gar nicht super. Leider ist die Materie zu kompliziert, um die Begründung in zwei Sätze zu fassen. Der erste Teil des nachfolgenden Textes diskutiert den Urheberrechtsschutz; im zweiten Teil wird begründet, wieso Software- Patente problematisch sind.

Ich hoffe, mit diesem Text auch jenen verständlich zu sein, die sich nur am Rand mit freier Software befasst haben. Aus diesem Grund erlaube ich mir, ihn auch an wsis@comunica-ch.net zu senden, und (gewissermassen als nachträgliche, ausführliche Begründung meiner Stellungnahme zu Punkt 34 des Aktionsplans) an die Mitglieder der WSIS-Arbeitsgruppe “Rahmenbedingungen”. Der Text geht allerdings davon aus, dass die Leser mit dem Wesen und Zweck Freier Software vertraut sind.

Urheberrecht und Freie Software

Man kann aus vielerlei Gründen gegen eine Ausdehnung der urheberrechtlichen Schutzfrist sein. Zum Beispiel weil man der Ansicht ist, dass Wissen und Kultur langfristig der Allgemeinheit gehören sollen. Für Freie Software sind aber auch lange urheberrechtliche Schutzfristen ’kein’ Problem.

Zum Beispiel wird bei den verbreiteten GNU-Lizenzen dem Lizenznehmer unter anderem auferlegt, dass er den Quelltext (inklusive allfälliger Änderungen) jedem frei zugänglich macht, an den er die Software weitergibt. Zu vermeiden ist, dass sich jemand ein Stück Freie Software aneignet und den Nutzern jene Freiheit entzieht, welche die ursprünglichen Urheber beabsichtigt haben. Mit dem geltenden Recht können die Urheber gerichtlich gegen eine solche Person vorgehen und verlangen, dass sie ihren Nutzern jene Freiheiten zugesteht, welche im Lizenzvertrag formuliert sind und die Interessen der Nutzer sowie der Allgemeinheit sicherstellen wollen. Um diese Bedingungen gerichtlich durchzusetzen zu können, ist Freie Software auf den Schutz durch das Urheberrecht angewiesen.

Wie gesagt gibt es aber durchaus Gründe, die gegen eine Ausdehnung der Schutzfristen sprechen, wie sie z.B. in den USA im Rahmen einer kürzlichen Urheberrechtsrevision statt fand. (Diese Vorlage wurde auch “Mickey Mouse Act” genannt, weil die Disney Corporation durch aktives Lobbying verhindern konnte, dass die Werke Walt Disneys 50 Jahre nach seinem Tod gemeinfrei wurden). Der eigentliche Zweck des Urheberrechts ist ja, der Allgemeinheit langfristig zu einem Bestand an Kulturgut zu verhelfen, wobei mögliche Urheber einen Anreiz in Form eines lebenslangen Verwertungsrechts erhalten. Es ist nun nicht anzunehmen, dass mehr Werke geschaffen werden, wenn sie 70 statt 50 Jahre über den Tod des Urhebers hinaus geschützt sind, und Tote sind bekanntlich nicht mehr kreativ. Diese Argumente sind aber kultur- und wissenschaftspolitischer Art, mit Freier Software haben sie wenig zu tun.

Das Problem mit dem Patentsystem

Ganz anders als beim Urheberrecht ist die Situation bei Patenten. Sie sind deswegen ein Problem, weil sich gezeigt hat, dass Patente viel zu grosszügig erteilt werden. Wer es sich leisten kann, erhält in der Praxis für alles und jedes ein Patent. Hierbei ist es kaum ein Hindernis, wenn eine “Erfindung” nicht neu oder offensichtlich ist, denn die staatlichen Stellen haben häufig schlicht nicht die Ressourcen, um die massenhaft beantragten Patente ernsthaft inhaltlich zu prüfen und gegebenenfalls zurückzuweisen. Um nicht in einem Berg von Pendenzen ersticken, müssen sie die Prüfung der Patentschrift oft auf formelle Kriterien beschränken. Im Übrigen besitzt eine Stelle wie das Schweizer IGE auch keinen finanziellen Anreiz, inhaltlich fragwürdige Anträge im Zweifelsfall zurückzuweisen.

Strengt nun der Patentinhaber ein Verfahren gegen jemanden an, von dem er denkt, er verletze sein Patent, muss der *Beklagte* den Nachweis erbringen, dass das Patent ungerechtfertigt erteilt wurde. Konkret bedeutet dies, dass eine Einzelperson oder Kleinfirma von einem Grossunternehmen mit gut ausgestatteter Rechtsabteilung eingeklagt wird, wobei der Kleine die Beweislast trägt und damit die Kosten für Gutachten etc. zu tragen hat. An sich wäre dagegen nichts einzuwenden, denn es soll ja der Erfinder geschützt werden, der lange Zeit risikoreich forscht und das Wirtschaftsleben mit seiner Innovationskraft belebt. In der Praxis hat die explosionsartig wachsende Zahl von Patenten aber nur wenig mit wirklicher Innovation zu tun, sondern sie schafft vor allem eine rechtliche Unsicherheit, die sich zulasten der kleinen Marktteilnehmer auswirkt. Wer sich keinen langwierigen Prozess mit teuren Expertengutachten leisten kann, wird sein Produkt vom Markt zurückziehen oder einem einseitigen Vergleich zustimmen, wenn der Branchenriese mit einem ruinösen Gerichtsverfahren droht.

Neue Marktteilnehmer sind gezwungen, sich ein Portfolio an (oft ebenso inhaltsarmen) Patenten aufzubauen, um notfalls mit einer Gegenklage drohen zu können. In diesem Fall findet häufig kein Gerichtsverfahren statt, sondern die Parteien lizenzieren sich ihre Portolios gegenseitig. Dieses sogenannte Cross-Licensing ist ein Nullsummenspiel, das am Ende vorwiegend den Patentanwälten nützt. Es bindet aber Ressourcen, welche gerade die wirklich Innovativen für anderes benötigen würden.

Softwarepatente

Bis vor kurzem war Software nirgends patentierbar: Als Teil der Mathematik können Algorithmen nicht wirklich erfunden, sondern allenfalls entdeckt werden. Die Opposition gegen Softwarepatente stützt sich zum einen auf dieses Argument. Es wird aber auch befürchtet, dass sich die bekannten Probleme mit dem Patentsystem im Fall von Software noch verschärfen könnten, weil Bekanntheit und Offensichtlichkeit bei Software besonders schwierig abzuschätzen sind, so dass Patente hier besonders leicht erteilt würden. In den USA kam es, nachdem Software dort patentierbar wurde, zur erwarteten Flut von Patentanträgen. Es wird befürchtet, dass nun auch viele Patente von minimalstem Gehalt erteilt werden, mit den entsprechend negativen Folgen für die wirklich Innovativen.

Denn in der Praxis werden auch Softwarepatente nicht wie beabsichtigt die Schaffenskraft des Erfinders schützen, eher im Gegenteil. Die Flut inhaltlich zweifelhafter Patente erhöht das Prozessrisiko – aber für Massnahmen zur Abschreckung möglicher Kläger (insbesondere der Aufbau eines Patent-Portfolios als Munition für Gegenklagen) fehlt den Kleinen der Branche das Geld.

– Sascha Brawer, Wilhelm Tux (Schweizer Kampagne für Freie Software) brawer@dandelis.ch