@HeyeBodo@rollenspiel.social stellt auf fedi jeden Tag eine Frage zum Rollenspielsetting. Die darf man dann beantworten. Da ich schon lange nichts mehr auf Deutsch hier auf dem Blog geschrieben habe, werde ich die Gelegenheit wahrnehmen, das hier zu tun. Allerdings habe ich vor, alles auf dieser Seite zu sammeln. Das wird für die Leser, die dem Blog via einem Feed folgen, wahrscheinlich etwas seltsam, denn heute gibt es nur Antworten auf die ersten zwei Tage. Mir fällt leider auch keine andere Lösung ein, denn irgendwie will ich auch nicht jeden Tag eine Seite schreiben.
#RSP
Eine typische Karte, wie ich sie vorbereiten würde, ist von Ost nach West ca. 30 Tagesreisen breit und von Nord nach Süd ca. 10–20 Tagesreisen hoch. Das sieht ästhetisch gut aus, bietet Platz für ein paar Städte, Magiertürme, Monsterlager, Bauernhöfe, versteckte Siedlungen, und so weiter. Ein paar Seen, ein oder zwei Gebirge mit Pässen und Handelsrouten, viele Flüsse. Ich weigere mich, eine genau Grösse anzugeben und behaupte einfach, ein Feld auf der Karte ist eine Tagesreise. Wenn es keine Wege gibt, behaupte ich manchmal, dass eine Tagesreise vielleicht nur 5–10km sind. Klar kann man als trainierter Legionär auf einer römischen Strasse vielleicht ab und zu einen 50km Marsch machen, oder 30km weit ziehen, aber in einem Tal, wo die Talwände steil und von Bächen zerklüftet sind, wo der Talboden versumpft und wild ist, wo das Wasser überall steht und fliesst, das Unterholz im Wald dicht ist, weil die Wisente immer wieder Lichtungen reissen und es keine richtige Forstwirtschaft gibt, kann ich mir nicht vorstellen, dass Leute mit 20–30kg Ausrüstung pro Person mehr als ein paar Kilometer weit kommen. Ich schliesse da von mir auf andere. 😅
Und damit kommen wir zum nächsten Thema, angenommen, ein Feld ist 10km und dann ist eine Karte von 30×20 ungefähr so gross wie die ganze Schweiz.
Die Ausdehnung der Schweiz beträgt von Norden nach Süden 220km und von Osten nach Westen 348km. … Die Schweiz gliedert sich in drei geografische Zonen: die Alpen mit einem Anteil von etwa 58% der Gesamtfläche, das Mittelland mit rund 31% und der Jura mit 11%. 48 Schweizer Berge sind über 4000 m hoch. Obwohl Gebirge insgesamt 70% des Staatsgebietes einnehmen, lebt in diesem Gebiet nur ein Viertel der Bevölkerung. -- Geografie – Fakten und Zahlen, Eidgenössisches Departement für
auswärtige Angelegenheiten (EDA)
In diesem Gebiet gibt es 26 Kantone und entsprechend 26 grössere Orte und ein Vielfaches an Burgen. An jedem Talausgang hat es eine Burg. In grösseren Tälern hat es mehrere Burgen. Wenn wir jetzt von 30×20 Feldern ausgehen, von denen 58% Gebirge sind, bleiben 348 Felder für die 26 Kantone oder im Durchschnitt 13 Felder pro Kanton.
Jetzt bin ich selber überrascht, wie überdimensioniert und leer meine Karten sind. Da muss viel, viel mehr rein!
Meine Welt ist vor allem von der Umwelt inspiriert, in der ich lebe. Die Berge, Täler und Hügel, in denen ich selber herumlaufe, inspirieren mich für mein Spiel. Ich versuche natürlich mir vorzustellen, wie es früher aussah, vor den Flussbegradigungen, vor der Trockenlegung der Sümpfe, vor dem Strassenbau. Und somit ist klar, dass all diese Vorstellungen aus der Vergangenheit irgendwie kollidieren und kollabieren müssen. Das Resultat ist unrealistisch und weltfremd, und doch vertraut genug.
Die Monster und Menschen sind in vielem wohl von Conan und dem Herr der Ringe bestimmt. Die Elfen sind eher keine Elben, sondern irgendwo zwischen der Elfenwelt und Elric von Melniboné angesiedelt; die Orks irgendwo zwischen Mordor und Skyrim; die Halblinge bei den Hobbits; die Goblins in Moria; die Bäume in Fangorn; die Götter stammen aus der nordischen Tradition (Odin, Thor, Loki), aber auch aus dem Zweistromland (Ishtar, Marduk, Pazuzu), Griechenland (Hekate) oder aus Ägypten (Thot, Ra, Set), aus Hyperborea (ebenfalls Set) und aus D&D (Orcus).
In meiner Fantasy gibt es abgestürzte Raumschiffe, Laserpistolen, Pistolen, Gewehre, Astralsegler, fliegende Schiffe, und so weiter, aber ungleich verteilt. Aus Sicht der Spielenden ist ein Plattenpanzer mit Schild die beste Rüstung. Hochwertige Rüstungen gibt es, doch dann sind es Prunkstücke, die mehr kosten, aber nicht mehr nützen. Fantastische Technologie gibt es im Rahmen von "Golem Rüstungen", die dann einem Plattenpanzer +2 und Schild +2 entsprechen und mit einer passenden Energiequelle dann zu Plattenpanzer +4 und Schild +4 gesteigert werden könnten. Ich kann mich allerdings nicht erinnern, dass dies jemand am Tisch je geschafft hat. Die Laserpistolen sind sehr einfach gehalten: Ein Schuss macht 1W6 Schaden wie eine Schusswaffe, Trefferwurf normal durch Geschicklichkeit beeinflusst, Nachladen unnötig. Schaden liegt in der Grössenordnung von einem magischen Geschoss. Eine Plasmakanone funktioniert wie ein Bitzschlag und und macht 5W6 Schaden entlang einer Linie, ein Granatwerfer wie ein Feuerball und macht 5W6 Schaden im Zielgebiet, Rettungswurf gegen Drachenodem für halben Schaden. Das könnten genau so gut Zauberstäbe mit Ladungen sein. So lässt sich alles entweder mit Technik oder Magie erklären und es macht keinen grossen Unterschied, da es die Rolle eines Technikers für die Spielenden nicht als Klasse gibt. In dem Sinne ist alle Technik verloren gegangene und wiederentdeckte Technik, die nicht wirklich beherrscht ist, die wie Magie verwendet wird.
Auch die Zeitgeschichte ist mir egal. Bei aller Technologie von Waffen, Rüstungen, Schiffstypen, Sprengkörpern und so weiter wird frisch und fröhlich durcheinander gemischt. Die technologischen Unterschiede von Hopliten und Conquistadores, zwischen Kataphrakten und Rittern, zwischen Skythen, Mongolen und Hunnen, zwischen Vikingern und Reisläufern, Landsknechten und Legionären interessiert mich nicht richtig.
Gespielt wird in einer Fantasiewelt, in der man keinen Sprengstoff und kein Pulver kaufen kann. Die Schiffe sind aus Holz und von Segelkraft betrieben. Kohleindustrie und Stahlindustrie gibt es nicht, also gibt es keine Schiesswaffen und kein Dampfmaschinen, also auch keine Eisenbahn, keinen Zeppelin, kein Flugzeug. Es gibt keinen Wilden Westen, kein kolonialen Weltreiche, kein Zeitalter der Entdeckungen. In diesem Sinne ist auch der Kapitalismus als "Finanztechnologie" nicht entdeckt.
In den D&D-artigen Spielen vermischen sich Dinge: Auf der einen Seite sind Monster Konsequenzen für soziale Rätsel, wo es um etwas geht, weil die Gewaltbereitschaft der Gegner allen Gesprächen, so lustig und geblödelt sie auch daherkommen, jeder Zeit in Mord und Totschlag umschlagen können. Bildlich sind diese Monster menschenähnlich, damit auch geredet werden kann. Überhaupt ist mir wichtig, dass die Monster reden wollen. Ich tendiere dazu, Regeln zu ignorieren, die das erschweren.
Die zweite Sorte Monster sind Monster, die den Mainstreamalpträumen entspringen. Kraken, Spinnen, Würmer. Hier gibt es alles von Körperhorror, Gestaltwandlern, Chimären, Fleischmagie und mehr. Hier gibt es auch Zwischenstufen. Auch diese Monster reden, aber es unterstreicht mehr den Alptraum. Wovon reden denn Harpyien, Ghule, Matikore und Trolle ausser vom ewigen Leben und wie alles verflucht ist? Hier gibt es dann auch eine Traumlogik, wo man nicht immer eine rationale Diskussion führen kann.
Wenn ich Traveller spiele, dann sind die erste Sorte Monster immer Menschen und die zweite Sorte Monster immer Maschinen oder Institution, Organisationen, Firmen, Staaten, Prozesse, Gerichte, Polizei und Militär – auch hier geht es ins Alptraum-artige: Hoffnungslosigkeit, lange Zeiträume, unmenschliche Bedingungen, Entfernungen, Zeiten, kafkaeske Komplikationen, faschistisches Gedankengut, Gewaltspiralen, Krieg – das sind die Alpträume, mit denen man nicht mehr rational diskutieren kann, weil die Gegenseite auch kein menschliches Werteversändnis mehr hat.
Meistens hat es latente Kolonialsituation oder soziale Ungerechtigkeit, sei es die Feudalherrschaft, Theokratie, Plutokratie, Kleptokratie oder ähnliche Konflikte. Das sind verhärtete Fronten, welche nur mit einer grossen Kampagne umgestossen werden können – und das soll man auch dürfen aber auch lassen dürfen. Wenn es einen Krieg gibt, dann ist er weit weg und man sieht nur die Flüchtenden, Desertierenden, Maraudierenden, das Elend und die Verzweiflung aus der Ferne.
Wenn der Krieg zu aktiv ist, dann entsteht der Wunsch, einzugreifen und Einfluss auf Schlachten und Ereignisse zu haben, als sei man Hauptfigur in einem Film. Aber so will ich das fast nie spielen. Also braucht es eine angespannte Lage, die aber ohne Einflussnahme der Spieler statisch bleibt. Nur so kann ich eine Sandbox leiten. Wenn wir dann mal 30 Spielabende gespielt haben, darf es Änderungen geben, vielleicht eine Massenschlacht, eine Änderung der Machtverhältnisse. Aber der Krieg selber steht nicht im Zentrum des Spiels.