Wie immer, Zeit für’s Zähne putzen und schlafen gehen, aber dann doch noch schnell-schnell etwas schreiben. Seufz!
Warum ich als Spielleiter kein Roll 20 oder sonst einen virtuellen Spieltisch verwende?
Ein virtueller Spieltisch bringt durch seinen Aufbau gewisse Aufforderungen mit, die mir nicht passen.
Wenn die Würfel kompliziert sind, es diverse Boni von Attributen, Fertigkeiten, Spezialisierungen und so weiter zu addieren gibt, fühle ich mich aufgefordert, dies mit Makros oder Charakterblättern zu lösen.
Will ich Makros schreiben, muss ich diese mit den sich ständig ändernden Werten nachführen, oder diese Werte auf einem virtuellen Charakterblatt nachführen.
Damit verbringe ich immer mehr Zeit mit dem virtuellen Spieltisch, anstatt zu spielen. Das empfinde ich als sehr frustrierend.
Wenn ich viel Zeit in die Makros und die virtuellen Charakterblätter investiere, bin ich weniger geneigt, meine Charakterblätter anderweitig zu pflegen, beispielsweise daheim, auf Papier, oder auf der Wiki, oder in meinen Dateien. Damit mache ich mich von einer Plattform abhängig, und ich hasse das Gefühl, abhängig zu sein.
Als Spielleiter fühle ich mich aufgefordert, Handouts und Karten vorzubereiten, also auszuschneiden, bereit zu stellen, einzublenden, die Monster mit den richtigen Bildern auszuwählen, ihre Werte auch wieder mit Makros und Automatismen zu ergänzen, und so verbringe ich auch hier immer mehr Zeit mit dem virtuellen Spieltisch, anstatt das Spiel vorzubereiten. Das empfinde ich als sehr frustrierend.
Was ein virtueller Spieltisch gut machen kann, ist das gemeinsame Würfelerlebnis präsentieren. Es macht einfach Spass, die Würfel fliegen zu sehen, zu hören, die Resultate richtig aufbereitet zu sehen. Aber eben, ich bin nicht bereit, die hierfür nötige Arbeit zu investieren.
Deswegen würfeln in meinen Spielen alle ihre eigenen Würfel und jeder ist aufgefordert, mit seiner schauspielerischen Leistung rüber zu bringen, wie sehr das Resultat erfreut oder ärgert. Daher kommt auch dieser Spruch: Wir würfeln selber (“und heulen unsere Enttäuschung ins Mikro, falls es daneben geht”). Das Haptische kommt damit auch nicht zu kurz. 😀
Alles andere mache ich mit einer Wiki, und habe das auch zu Zeiten, wo wir uns am Tisch trafen, so gemacht: Spielberichte, Karten, Charakterblätter, und so weiter.
Als Spieler zeichne ich meine Karten gerne mit Gridmapper.
#RSP
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Aus reinem Interesse, was für komplizierte Würfel wären das denn bei dir? B/X oder Traveller sollte ja eigentlich recht Makro-los gehen.
Ich muss ja zugeben, dass ich auch ein Primärkandidat für “Was, das Programm macht nicht genau das was ich mache? Und man kann es konfigurieren/erweitern? Oh je!” bin. Da könnte das schon leicht vorkommen. Was micht bei VTTs bisher davor gerettet hat war dann entweder Geiz (”roll20 verlangt was für diese primitive Programmierbarkeit?!?”) oder die Tatsache dass ich freiwillig ungern modernes Javascript mir antue (Foundry).
Aber sonst kämpf’ ich gut gegen eine Vollständigkeitsverpflichtung. Häufig ist der VTT ja eh nur zum Kartenenthüllen da, vielleicht auch zum Würfeln wenn das nicht eh schon in der parallelen Chat-Anwendung oder “in echt” passiert. Da ist der zusätzliche Prep-Aufwand also so groß wie am echten Tisch, d.h. Karten/Handouts vorbereiten. Und in einem Fall das Leiten einer Kampagne in einem Regelsystem das ich ohne VTT Hilfe nicht spielen würde, aber mir da andere Programmierer die Arbeit schon abgenommen haben. Da gibt’s dann vielleicht manchmal die Tendenz etwas besser machen zu wollen bzw. Lücken zu füllen, aber dafür mag’ ich dann weder Programmierumgebung noch Regelsystem auch nur annähernd gut genug.
– mhd 2022-04-25 06:40 UTC
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Hatte das am Anfang auch, xy ist nicht so wie ich will oder ist nicht schön zu bedienen. Daher bin ich mittlerweile für 3 Roll20 Bögen verantwortlich. xD Wobei einer mein eigenes Regelwerk ist.
Ansonsten ist es ja allein Spieler und Spielleiter ermessen wie viel Makros man benutzen will, es sitzt ja auch keiner am echten Tisch und sagt: “boh also die Würfel müsste man mal anders machen”
Die meisten Community gemachten Bögen finde ich ganz gut, die Roll20 Bögen sind meist ein wenig eingeschränkt, wobei mit dem Compendien und Charaktermancer schon echt viel Arbeit drin steckt.
– Tealk 2022-04-25 07:01 UTC
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Die komplizierten Würfelwürfe in einem einfachen Regelsystem waren letzthin beispielsweise mein AD&D Charakter, der entweder mit dem Bogen mit Dex Bonus schiesst, oder mit Schwert und Str Bonus und Waffenspezialisierung zuschlägt, und entweder zwei Mal schiesst und Schaden ohne Bonus macht, oder mit Str und Waffenspezialisierung Schaden macht. Und im gleichen Spiel habe ich dann noch 19 Mietlinge koordiniert, 7 Speerträger, 5 Schwertkämpfer und 7 Bogenschützen. Wenn ich die alle nacheinander gewürfelt hätte, hätte es zu lange gedauert, aber alle gleichzeitig zu würfeln hat schon wieder etwas Text Bastelei gebraucht.
– Alex 2022-04-25 07:19 UTC
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Grundsätzlich habt ihr beide natürlich Recht: die implizite Aufforderung kann man als Individuum immer mit “Nein” beantworten. Aber ich spüre den Druck auch bei anderen Mitspielern, die nur die nackten Würfel auf Roll 20 würfeln. Meiner Meinung bleibt da eine leise Ungeduld der Mitspieler (auch von mir!) und das ist schade.
– Alex 2022-04-25 07:22 UTC
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Ich mach mir für NPC’s immer einen Bogen bei dem ich einfach alles “reinklatsche” was gewürfelt werden muss. Da ich die Bögen die ich benutze selbst erstellt habe ist das ein wenig einfacher, aber man kann auch den Tab(weiß grad die betittelung des tabs nicht) mit den Werten benutzen und dort Makros hinterlegen, so muss man immer nur auf den Würfel klicken für eine Aktion eines NPCS.
In wie Fern druck? Das Makros genutzt werden sollen? Wenn die Spieler mehr wollen können die ja einen Bogen erstellen und den bei GitHub zur Verfügung stellen, das ist ja eig. recht schön gemacht bei Roll20 das jeder beitragen kann 😝 Ansonsten sehe ich das so: “Wer nicht gewillt ist Arbeit rein zu stecken darf sich nicht beschweren” als SL hat man meist eh genug zu tun.
– Tealk 2022-04-25 07:34 UTC
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Was ich mit Wörtern wie Aufforderung und Druck meine, ist das Konzept der “affordance” im User Interface Design, auf Wikipedia Angebotscharakter (was ich so aber noch nie gehört hatte). Was Du beschreibst, passt für mich genau da hinein: “natürlich” kann man sich “nicht beschweren” oder die “Arbeit” hineinstecken – was mich aber beides unglücklich macht. Deswegen will ich Roll 20 lieber nicht verwenden.
– Alex 2022-04-25 09:44 UTC
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Also du meinst, weil Roll20 die prinzipiell kann erwarten alle das das vorhanden ist? Die Erfahrung habe ich noch gar nicht gemacht.
Es kann sich ja auch problemlos einer der Spieler selbet dort verwirklichen. Also bei DND und Pathfinder bearbeite ich die Makros eigentlich immer weil die für mich ungenügend sind, also auch als Spieler.
– Tealk 2022-04-25 10:29 UTC
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Vielleicht bin ich auch überempfindlich, wer weiss. Oder schliesse zu sehr von mir auf andere. 😀 Aber ja, weil Roll20 Dinge wie Makros, Charakterbögen, Karten vorbereiten und nach und nach aufdecken, Battlemap, und so weiter prinzipiell kann, erwarten die Spieler auch, dass dies vorhanden ist. Es wird als Mehrwert empfunden.
– Alex 2022-04-25 14:57 UTC
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Es ist ja auch ein Mehrwert, aber einer, der auch was kostet... 🙂 Ich weiß nicht, die Karten sind schon etwas doof, allerdings bleibt mir nichts anderes über, wenn ich gleichzeitig on- und offline spielen will, um die eh schon etwas benachteiligten online-spieler mit einzubinden. Das Würfeln an sich mache ich auch abwechselnd am Tisch und in Roll20. Macros habe ich nur 2 - kritische Treffer und kritischer Fehlschlag. Handouts, Karten und so mache ich eh gerne digital - und ob ich die nun am Bildschirm vorzeige oder nach Discord oder gar Roll20 hochlade... ich fühle mich da auch nicht gezwungen tiefer einzusteigen. Wahrscheinlich eine Einstellungssache.¯\_(ツ)_/¯ Meine Spieler haben allerdings Macros gebastelt, um zu erfahren, wie gut etwas schmeckt... -_-°
– Rorschachhamster 2022-04-25 16:09 UTC
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Haha, köstlich! 😀
– Alex 2022-04-25 16:26 UTC
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Letzthin hat mich jemand gefragt, ob ich wieder die Karte zeichne und ich war ganz verwirrt: “Aber, aber diesmal bin doch ich der Spielleiter und einer von euch zeichnet die Karte‽”
Naja, irgendwie ist es schon richtig: ich hätte gerne, dass die Spieler eine Karte haben, aber ich will sie nicht zeichnen (oder auf Roll 20 aufdecken), aber ich will sie nicht super genau vorbuchstabieren, weil das auch langweilig ist. Im Moment übe ich noch an der Wortgewandtheit. 😀
– Alex 2022-04-26 06:33 UTC