Neulich fragte @fedithom auf Mastodon nach unserem Umgang mit Spielern am Tisch, die auf ihr Handy schauen.
Selber kenne ich zwei solche Situationen, eine positiv, die andere negativ.
Die positive Handy-am-Spieltisch Situation ergibt sich, wenn wir eine eingeschweisste Gruppe sind, aber nicht alle mitspielen können. Dann sitzen einer oder zwei daheim bei den kranken Kindern, oder haben Schicht, oder Spätdienst, oder sind anderweitig verhindert, und dann finde ich es klasse, wenn diejenigen, die gerade nichts zu tun haben, das Spielgeschehen auf dem Chat kommentieren, und diejenigen, die nicht dabei sind, mit fiebern können.
Schon gewonnen? haha COME AND SAVE US! I am frightened. MIGHTY FIREBALL!! (three skulls)
HE DEAD!! Yeah! (clapping hands)
Die negative Handy-am-Spieltisch Situation ergibt sich, wenn jemandem langweilig ist. Mir wird relativ schnell langweilig. Das ist keine diagnostizierte Konzentrationsschwäche, sondern einfach mein Primatenhirn: ich will Dinge tun und anfassen, Entscheidungen fällen, Geheimnisse erfahren; deswegen werden am Tisch Würfeltürme gebaut und Telefone angeschaut.
Wie geht die Spielleitung damit am besten um? Das Problem ist, dass der Spielleitung nie langweilig ist, da sie immer beschäftigt ist. Wie erreichen wir aber, dass die Spieler mehr beschäftigt und eingebunden sind? Das Spiel muss schneller werden!
Gibt es weniger Spieler am Tisch, ist man öfter dran. Online ist mir das noch wichtiger, weil ich mich mit meinem Primatenhirn nicht auf die Mimik meiner Mitspieler konzentrieren kann, wegen der Mikrofondisziplin nicht rumwitzeln kann, weil der Computer oder das Telefon, die allmächtigen Unterhaltungs- und Beschäftigungsmaschinen, ständig in Reichweite sind.
Gibt es mehr Wechsel vom Rampenlicht ausserhalb der Kämpfe, dann kommt es nicht zu langen Monologen und Individualszenen. Das heisst, alle am Tisch müssen daran denken, Dialoge abzukürzen. Gerade wenn man gerne redet, muss man lernen, das Rampenlicht weiter zu geben.
Ja, und die Verhandlungen gehen noch eine Weile so weiter und vielleicht wäre das ein guter Moment um mit der Kamera zu den Anderen zu springen.
Was für die einen von uns tolle Immersion ist, ist für die anderen von uns einfach langweilig.
Das gilt auch für endlose Diskussionen. Wenn ich sehe, dass sich am Tisch so etwas anbahnt, biete ich gerne Hilfe an:
Wer hat die höchste Stufe? Lasst sie oder ihn entscheiden!
Wenn niemand die höchste Stufe hat, dann soll die Personnage mit dem höchsten Charisma entscheiden.
Oder ich biete einen Deal an:
Wenn ihr sofort los zieht, gibt es eine 2-in-6 Chance, dass ihr unentdeckt durch das Banditengebiet kommt.
Oder einen konkreten Handlungsvorschlag:
OK, ihr habt die Spione entdeckt. Wenn das alle sind, dann gibt es eine 2-in-6 Chance, dass ihr unentdeckt durch das Banditengebiet kommt. Falls das noch nicht alle waren, werdet ihr allerdings in einen Hinterhalt gelockt werden, das ist klar. Was wollt ihr noch unternehmen, um weitere Spione zu entdecken? Wenn ihr keine Spione finden solltet, gibt es aber eine 1-in-6 Chance, dass die Mietlinge in Händel verwickelt werden, weil sie vor Langeweile anfangen zu saufen und zu spielen.
Als Spielleiter muss man sich entweder bemühen, lange Kämpfe zu meiden (meine favorisierte Lösung), oder alle Spieler müssen super fix mit ihrem Zug sein, damit alle möglichst bald wieder dran sind. Da ist zwar oft viel guter Wille da, aber es fehlt an den Fähigkeiten. Man will schnell sein, aber alles ist so kompliziert, die Spruchauswahl so heikel, die Beschreibungen so lang und die Zielauswahl nicht einfach vorzubereiten, weil sich das Schlachtfeld bis zuletzt noch ändert.
Wir haben da früher viel geübt: Treffer und Schadenswürfel immer gleichzeitig würfeln; online mit Macros für alle Angriffe und Zauber arbeiten, am Tisch Rechenschieber aus Pappe für die aktuellen Boni, und so weiter. Schlussendlich war meine Lösung, mich von den langen Kämpfen, den komplizierten Regeln und den Schlachtfeldkarten zu verabschieden. Trotz allem guten Willen war es einfach nicht zu machen. Man hat sich immer wieder verzettelt, war auf die neue Situation nicht vorbereitet, nicht in der Lage, die Macros richtig zu programmieren, und so weiter. Warum sich also quälen? Das wollte ich mir und meinen Mitspielern nicht mehr antun.
Was ich immer wieder gerne sage: Die Lösung für langweilige Kämpfe ist nicht, die Kämpfe spannender zu machen, sondern weniger zu kämpfen und die Kämpfe kürzer zu halten.
Deswegen bin ich ein grosser Freund davon, die taktische Tiefe gering zu halten und stattdessen die strategische Ebene zu betonen. Es ist nicht wichtig, wie wir kämpfen, sondern ob wir kämpfen.
Die Krieger bekommen keine Spezialfähigkeiten, damit die Spieler, die sich mit der Mechanik nicht viel beschäftigen wollen, trotzdem mitspielen können.
Sobald die Personnagen genug Lebensenergie haben, um problemlos mehrere Runden zu überstehen, werden Monster eingeführt, die brutal viel Schaden machen, oder auf sonstige Art und Weise das schnelle Ende herbeiführen können: Drachenodem, Gift, Versteinerung, Lähmung, Todesstrahlen, Stufenverlust, also die klassischen “Rette dich oder stirb!” Angriffe.
Die Positionierung ist nicht so wichtig, wenn wir explizit oder implizit unterscheiden, wer im Nahkampf ist und wer im Fernkampf ist. Bei Hellebarden & Helme ist dies durch die Deckungsregel implizit gegeben: jeder kann im Nahkampf eine andere Person seiner Wahl schützen und deren Angriff auf sich nehmen. Hat der Magier also drei Leibwachen, so kann von den Gegnern erst der vierte Angriff den Magier treffen. Ausserdem ist die Positionierung im Gang oder bei der Türe oder im Freien oft sonnenklar und so bedarf es auch in diesen Situation keiner Karte. Beispielsweise halte ich es oft so, dass vier Leute mit Kurzschwert einen Gang blockieren können. Solange die vier noch stehen, kann der Feind die hinteren Reihen nicht erreichen, auch wenn es mehr als vier Angriffe gibt. Der Feind muss erst eine Bresche in die Reihe schlagen.
#RSP