2022-02-05 Die wohlwollende Interpretation

Wir sitzen beide am Tisch nach einer Wanderung, Claudia lernt Französisch und ich probiere zu verstehen, wie ich NNCP verwenden kann, um einen Usenet Server zu betreiben.

Auf Tanelorn hat es einen neuen Thread zum Thema Kommunikation. Das interessiert mich ja eigentlich immer.

Aber wie bei so gut gemeinen Ratschlägen, stelle ich mir die Frage, was heißt das genau und wie genau mache ich das? – Wie geht eigentlich wohlwollendes lesen?

Wie geht eigentlich wohlwollendes lesen?

Ich finde, auf Wikipedia hat es da Material! Kurz zusammengefasst:

Ideen, gegen die man argumentiert, im bestmöglichen Licht darstellen. Äußerungen rational und in ihrem bestmöglichen, stärksten Sinn verstehen. Äußerungen nicht Irrationalität, Trugschlüsse oder Unwahrheiten zuschreiben, wenn eine schlüssige, rationale Interpretation ebenfalls möglich ist. – Prinzip der wohlwollenden Interpretation

Prinzip der wohlwollenden Interpretation

Diesen Spruch von Donald Davidson fand ich auch gut: „Die Worte und Gedanken Anderer ergeben den meisten Sinn, wenn wir sie so interpretieren, dass wir ihnen am ehesten zustimmen können.“

Ganz konkret geht es mir darum, dass ich meine Texte nicht so schreiben muss, dass keine Fehlinterpretation möglich ist. Ich will nicht alle Eventualitäten und Ausnahmen auflisten müssen, nicht alle Qualifikationen anbringen müssen, nicht wegen Kleinigkeiten angegriffen werden, wenn mir so etwas im Alltag auch nicht passieren würde, denn im Alltag ist meinen Gegenüber klar, dass ich ja keinen Quatsch erzählen will, sondern mir Mühe gebe.

Umgekehrt gilt, wenn meine Gegenüber mir vorwerfen ein Haarspalter, ein Besserwisser, ein Rechthaber oder ein Grobian zu sein, dann verletzte ich eben dieses Prinzip. In der Kaffeepause habe ich ja auch keine Lust, mit solchen Leuten zu reden, selbst wenn sie Recht haben.

Das ist für mich der springende Punkt: Was nützt es Recht zu haben, wenn dann ja doch keiner zuhören will? Das ist vielleicht auch ganz persönlich motiviert. Als Teenager war ich oft ein Besserwisser und ein Rechthaber, bis ich zum Glück gemerkt habe, was ich da für einen Fehler mache.

Wem am Wohlwollen des Gegenübers nicht interessiert ist, macht diese Fehler leichter.

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