Heise schreibt:
Der Europäische Gerichtshof hat heute entschieden, dass es für die Weitergabe von Flugpassagierdaten durch EU-Mitgliedsstaaten an die USA keine geeignete Rechtsgrundlage gibt. Damit verstoße die Datenweitergabe gegen EU-Recht. Das EU-Parlament war im Jahr 2004 gegen ein am 28. Mai 2004 geschlossenes Abkommen zur Freigabe der Daten zwischen der EU-Kommission und den USA vor Gericht gegangen. ¹
Zum Glück gibt es die Gewaltentrennung, so dass Legislative und Judikative gegen die Exekutive eine Handhabe hat... 😄
Jetzt hoffen wir mal, dass die EU hart bleibt, und nicht einfach die Rechtslage anpasst.
Denn die Richter äußerten sich keineswegs zu den politischen Bedenken der Gegner des Passagierdaten-Abkommens. Sie stellten in ihrem Urteil lediglich fest, dass die EU-Kommission und der Ministerrat ihre Zustimmung nicht auf der Grundlage der EU-Datenschutzrichtlinie hätten geben dürfen. Zur Begründung wurde der Zweck der Datenweitergabe angeführt. Das Gericht wies darauf hin, dass es bei der Übermittlung letztlich um die Vermeidung terroristischer Anschläge gehe. Dies aber falle in den Bereich der Strafprävention und -verfolgung und sei daher von der Datenschutzrichtlinie nicht gedeckt. [...] Das nüchterne Urteil ist wenig erstaunlich: Werden die Daten nicht wie derzeit gefordert übermittelt, droht jeder Fluglinie eine Geldstrafe von umgerechnet bis zu 6.000 US-Dollar pro Fluggast bis hin zum Entzug der Landeerlaubnis in den USA. Mit oder ohne Abkommen. ²
Es war ja auch nur ein kleiner Hoffnungsschimmer.
Aber eigentlich ist mir ja auch klar, dass die EU nicht wirklich auf den Flugverkehr mit den USA verzichten will, und die USA in so einem Streit zugunsten der “nationalen Sicherheit” sehr wohl auf den Flugverkehr mit Europe verzichten würde.
#Europe
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So wie ich die Obersten Gerichthoefe sehe, so interpretieren sie nur die Gesetze. Da koennen natuerlich die komischesten Faelle auftreten, bis zum totalen Unsinn. Ich glaube, der Gerichtshof darf gar nicht seine eigene Meinug sagen. Er soll nur interpretieren. Ich kann mich noch erinnern, hier in Brasilein hat der Oberste Gerichtshof ueber Pensionen entschieden, ich glaube es war von Militaerangehoerigen. Die Betraege waren weit, weit hoeher als die Gehaelter des Presidenten und es ging um Miliardenbetraege. Jedem normalen Menschen war klar, dass das nicht so sein kann, aber die Interpretation der Gesetze ergab offenbar dieses Ergebnis. Es folgt auch kein Kommentar dazu, wie man das Problem loesen koennte. Es ist dann Sache der Regierung herauszufinden, dass da etwas nicht stimmen kann und dass die Gesetze entsprechend angepasst werden muessen.
Das erinnert mich immer an den Consultant, der die Lieferung des Unternehmers auf der Baustelle ablehnt und sagt, es sei nicht nach Spezifikation. Das was in der Spezifikation steht, ist aber offensichtlich ein Irrtum, denn das geforderte Produkt mit den spezifizierten Eigenschaften gibt es gar nicht auf den Markt, es ist noch gar nicht erfunden. Die Spezifikation ist also falsch. Aber der hyperschlaue Consultant beruft sich auf die Spezifakation und den Vertrag, den der Unternehmer unterschrieben hat. Wie geht das nun weiter? Das laesst sich nur mit gesundem Menschenverstand loesen.
Aber eben, die Richter sollen nur entscheiden und das Gesetz richtig interpretieren und moeglichst wenig nachdenken ueber die Konsequenz ihrer Entscheidung.
Dieser Kommentar ist allgemein gefasst und laesst keinen Schluss zu, wie man den Datenschutz und die Amerikareisen unter einen Hut bringen will.
– Helmut Schroeder 2006-06-01 02:05 UTC
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Du hast schon Recht was die Rolle der Gerichte anbelangt. Oftmals ist es allerdings so, dass Gerichte in ihrer Urteilsbegründung natürlich auch wegweisend sein können – so etwas beeinflusst die Rechtsprechung über Jahre hinweg. In diese Rolle fallen vor allem Verfassungsgerichte (in der Schweiz ja bekanntlich nicht vorhanden) oder ähnlich hohe Instanzen (Bundesgericht, Menschenrechtsgerichthof in Strassburg).
– Alex Schroeder 2006-06-01 07:30 UTC
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So habe ich mir das immer vorgestellt wie es sein muesste: wegweisend, die Konsequenzen der Entscheidung bedenken, Loesungsvorschlaege machen. Hier in Brasilien kommt es mir manchmal vor, dass es eine rein logische Interpretation der Gesetze ist, ohne Sinn und Geist, und ohne ueber die Durchfuehrbarkeit oder Folgen nachzudenken. Und das finde ich sehr schwach.
– Helmut Schroeder 2006-06-01 23:47 UTC